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e-Buch-Psychologisch.. - Jochen Fahrenberg

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Die Heuristik bleibt dessen ungeachtet aktuell. Wenn Personen nicht allein hinsichtlich<br />

der Ausprägung von relativ überdauernden Eigenschaften, sondern auch in<br />

ihren Reaktionsweisen, Regulationen, Bewältigungsstilen erfasst werden sollen,<br />

sind Verlaufsanalysen, Einzelfallanalysen, Zeitreihenanalysen unerlässlich. Aber<br />

anhand welcher Daten, wenn die früher verwendeten nicht mehr tauglich sind? Die<br />

Anforderungen sind leicht zu formulieren: es werden möglichst valide und genau zu<br />

erfassende Merkmale in zeitlich hoher Auflösung, möglichst auf Ordinal- oder<br />

Intervall-Skala mit deutlicher intra- und interindividueller Variation benötigt.<br />

Entwicklungen<br />

Durch die Konzeption von Person als Prozess wurde Jäger (1988) angeregt, an<br />

Anwendungen der Katastrophentheorie aus der Mathematik zu denken. Die Katastrophentheorie<br />

ist ein formaler Ansatz, der zur Beschreibung von Prozessen herangezogen<br />

werden kann, wenn plötzliche Sprünge, dynamische Umschläge,<br />

Kippeffekte, Kippschwingungen u. a. Veränderungen auftreten. Dabei ist in dem<br />

qualitativen Umschlag (Kippen) eine Energieverschiebung im Sinne einer neuen<br />

Anpassung (Labilität – Stabilität) zu erkennen. Analoge Phänomene sind nicht<br />

nur aus der Biologie und Physiologie, sondern auch aus vielen Bereichen der Psychologie<br />

bekannt: aus der Entwicklungspsychologie, als Zäsur in der Persönlichkeitsentwicklung,<br />

aus der tiefenpsychologisch orientierten Psychologie und<br />

aus Untersuchungen über kritische Lebensereignisse, oder als Krise in Krankheitsverläufen<br />

und Behandlungen (Phasen und Schübe).<br />

Jäger (1988) versuchte zu zeigen, dass “mit der Katastrophentheorie ein adäquates<br />

nicht-lineares mathematisches Modell gegeben ist, um Verläufe und<br />

Änderungen im Sinne der Verlaufsgestalt von Heiß zu beschreiben, wie sie durch<br />

life-events verursacht oder beeinflusst werden.” (S. 95). Durch diese Hinweise<br />

wollte Jäger einen Wechsel der Forschungsperspektive anregen.<br />

Vollmers (1998) diskutierte die von Heiß gegebene “moderne” Definition der<br />

Persönlichkeitsentwicklung unter der doppelten Perspektive von intra-individueller<br />

Schwankung und Person-Umwelt-Interaktion. Heiß habe diese Auffassung später<br />

deutlich zurückgenommen und sich mit dem Begriff der Antriebsgestalt am<br />

psychoanalytischen Triebbegriff, d. h. tieferliegenden inneren Bewegungsgestalten<br />

orientiert (u. a. Angst als Antriebsgestalt der Persönlichkeit).<br />

“Aufgrund der Parallele von Heiß’ Diagnostik zu qualitativen Ansätzen mutet<br />

es merkwürdig an, dass kein einziger der in Deutschland sich als qualitativer<br />

Forscher definierenden Wissenschaftler sich an Heiß erinnert, legt man das<br />

Handbuch zur qualitativen Forschung zugrunde (vgl. Flick et al., 1995).”<br />

(Vollmers, 1998, S. 390).<br />

Von der Modellierung dynamischer Systeme ausgehend kam Tschacher (1997)<br />

ebenfalls zu dem Begriff der Prozessgestalten. An den interessierenden dynamischen<br />

Phänomenen ist zweierlei zu beobachten: ein Gleichgewichtscharakter und<br />

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