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e-Buch-Psychologisch.. - Jochen Fahrenberg

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Interpretations-Beispiel<br />

Bei dem Beispiel handelt es sich um das Testprofil einer 25 jährigen Frau, die<br />

sich in Psychotherapie befand. Bei ihr wurde eine psychoreaktive Störung mit<br />

depressiven Symptomen und multiplen körperlichen Beschwerden diagnostiziert.<br />

Die Skalenwerte des FPI-R werden zu einem Testprofil der Person zusammengestellt.<br />

Die Abbildung 5 gibt ein solches Testprofil mit den Standardwerten<br />

in 12 Skalen wieder. Die Fragebogenwerte interessierten im Hinblick auf die<br />

Diagnose, die allerdings schon als weitgehend gesichert angesehen wurde. Außerdem<br />

sollte zu Anfang der psychotherapeutischen Behandlung eine Bezugsbasis<br />

für die geplante Nachuntersuchung zur Evaluation des Therapieerfolgs<br />

aufgenommen werden.<br />

Die psychologische Testinterpretation ist unter mehreren Perspektiven auszuführen.<br />

Im Vergleich zu anderen Frauen dieser Altersgruppe ist das Testprofil<br />

auffällig. In sechs Skalen kommen sehr hohe oder sehr niedrige Werte vor (ein<br />

Standardwert 8 bzw. 2 wird nur von 7 % und ein Standardwert 9 bzw. 1 sogar nur<br />

von 4 % der Bezugsgruppe erreicht). Wenn die auffälligen Werte zusammen<br />

betrachtet werden, ist ein psychologisches Muster zu sehen. Gehemmtheit,<br />

Erregbarkeit, Emotionalität und körperliche Beschwerden bilden ein Syndrom,<br />

dass u. a. bei Patienten mit psychosomatischen und somatoformen Störungen<br />

häufig zu finden ist. Die geringe Leistungsorientierung und die ausgeprägte<br />

Introversion bilden einen zweiten psychologischen Grundzug. Die anderen<br />

Testwerte zeigen eine durchschnittliche Ausprägung von sozialer Orientierung<br />

und Aggressivität. Bemerkenswert ist der vergleichsweise geringe Testwert von<br />

Gesundheitssorgen im Hinblick auf Ansteckungen und äußere Risikofaktoren.<br />

Die aktuellen psychischen Schwierigkeiten scheinen eher auf innere Probleme<br />

hinzuweisen (solche Differenzierungen zwischen einzelnen Skalenstufen sind<br />

jedoch wegen der Konfidenzintervalle der Testwerte mit Vorbehalten verbunden).<br />

Persönlichkeitspsychologisch ist zu überlegen, ob die geringe Leistungsbereitschaft<br />

gegenwärtig als eine Folge der ängstlich-depressiven Verfassung der<br />

Patientin zu verstehen ist. Die stark ausgeprägte Introversion, Gehemmtheit und<br />

Empfindlichkeit im Umgang mit anderen Menschen könnten eine schon früh in<br />

der kindlichen Entwicklung erscheinende und überdauernde Temperamentseigenschaft<br />

anzeigen. Im Hinblick auf die Diagnose gibt der Test weitgehend übereinstimmende<br />

Informationen. Die Kombination von ausgeprägter Emotionalität,<br />

Introversion und körperlichen Beschwerden wurde sehr häufig bei Patienten mit<br />

funktionellen (psychosomatischen) Störungen gefunden. Ob diese funktionellen<br />

Störungen und Beschwerden auch eine objektivierbare körperliche Grundlage<br />

haben, lässt sich aus einem psychologischen Test nicht sagen. Als Kommunikation<br />

an den Therapeuten und auch an die Patientin kann die Aussage<br />

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