Download - VEN Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt
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[Homogenität] Bei den Spinat-Sorten vermerkte SCHMIDT aus Glückstadt i. Holstein:<br />
"Die nachstehenden Sortenbeschreibungen sind insbeson<strong>der</strong>e für den Anerkenner [von Saatgut]<br />
zugeschnitten. In aller Kürze werden die wichtigsten Merkmale herausgestellt und durch<br />
Abbildungen erläutert. Neben den beschriebenen Typen kommen häufiger noch an<strong>der</strong>e Formen<br />
in den Herkünften vor. Verschiedentlich sind deshalb noch die als zulässig zu bewertenden Nebentypen<br />
mit angeführt." 25<br />
[Unterscheidbarkeit, Homogenität] PECH von <strong>der</strong> Sortenregisterstelle Halle a. S. musste sogar<br />
die Beschreibung <strong>der</strong> Sorte ’Weiße Nieren’ aus <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> grünen, fädigen Buschbohnen<br />
(Hülse flach-oval) auslassen:<br />
"Für diese Sorte kann keine Beschreibung gegeben werden, da <strong>der</strong> angestrebte Typ erst noch<br />
festgelegt werden soll. Die Züchterherkünfte sind in allen Merkmalen [die Sortenbeschreibung<br />
erhob 22 Merkmale] zu verschieden, als dass man eine für alle geltende Beschreibung machen<br />
könnte. Angestrebt wird ein Typ mit großem Korn und kräftiger Netzzeichnung <strong>der</strong> Schale." 26<br />
1936 konnte man also wissen, was es unter dem Namen ’Weiße Nieren’ alles gab, aber man<br />
wusste nicht, wie es zu beschreiben wäre. Wir nun wissen nicht einmal mit hinreichen<strong>der</strong><br />
Genauigkeit, was wir uns vorzustellen haben. Wenn wir ’Weiße Nieren’ in eine Rekonstruktion<br />
"Hausgarten um 1850" stellen wollten, so könnten wir dies: Als PHA 33 gibt es eine<br />
Herkunft dieses Namens in <strong>der</strong> Kulturpflanzenbank Gatersleben. Wenn wir dies tun würden,<br />
weil wir die aussterbende Nutzungsform einer Trockenbohne vorstellen wollen, wäre dies für<br />
mich in Ordnung - aber mit dieser Begründung könnten wir auch jede an<strong>der</strong>e Trockenbohne<br />
nehmen. Wenn wir dies aber tun würden, weil wir aus JÜHLKE 1857 wissen, dass es die<br />
"Sorte" ’Weiße Nieren’ um diese Zeit gab, so spielten wir mit <strong>der</strong> historischen Fiktion, dass<br />
JÜHLKEs "Sorte" nachvollziehbar mehr als den Namen mit <strong>der</strong> Gaterslebener Akzession<br />
gemeinsam hat, von <strong>der</strong> wir nicht wissen, wie diese Selektion aus <strong>der</strong> Firma R. Schreiber u.<br />
Söhne, Quedlinburg, im Spektrum <strong>der</strong> Herkünfte stand und wann sie aus ihm ausgelesen<br />
wurde 27 . Aber: Wollen wir eine historische Sorten-Datenbank bauen, um offensichtliche<br />
historische Fiktionen zu erzeugen?<br />
1.3.c. Definition des Sortenbegriffs<br />
Wenn nun gilt, dass<br />
1. die Namen (unterstützt von Bil<strong>der</strong>n) das einzige Mittel sind, eine sortengeschichtliche<br />
Relation über mehrere Zeitebenen herzustellen;<br />
und wenn es<br />
2. also - so bin ich geneigt aus (1) bis (3) zu schließen - nicht genügt, aus dem Vorkommen<br />
eines Namens in einem bestimmten Zeitraum auf eine stabile Identität <strong>der</strong> Sorte in<br />
diesem Zeitraum zu schließen:<br />
Wie kontrolliere ich dann als Historiker die Identitätsbehauptung, die in den Namen liegt?<br />
über die Beschreibungen; über die Werte, die die Beschreibungs- und Charakterisierungsmerkmale<br />
"einer" Sorte in den jeweiligen Sortenkunden unterschiedlicher Zeitstellung aufweisen.<br />
Genau genommen mache ich damit nichts an<strong>der</strong>es, als die aktuell nach dem International<br />
Code of Nomenclature for Cultivated Plants (ICNCP-1995) gültige Definition von "cultivar" -<br />
bzw. seiner Synonyme "Sorte" (dt.), "variety" (engl.), "variété" (frz.) - in <strong>der</strong> älteren vom Lateinischen<br />
her geprägten Literatur auch "varietas" - in die Zeit vor dessen Gültigkeit rückzuverlängern.<br />
Diese Definition heißt:<br />
25 Reichsnährstand 1936: 18a. Vgl. auch REICHELT 1929: 53: "Bemerkenswert ist, daß [die Spinatsorte]<br />
"Viroflay" in allen Preisverzeichnissen als rundblättrige Sorte geführt wird, von allen Versuchsanstellern<br />
in jedem Jahre [1924-1926] aber als langblättrige Sorte mit breitem Blatt bezeichnet wurde,<br />
die große Ähnlichkeit mit dem "Großen spitzblättrigen scharfsamigen" hatte."<br />
26 Reichsnährstand 1936: 59.<br />
27 JÜHLKE 1857: 137.<br />
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