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Download - VEN Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt

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terial, dessen Nachbau und Nutzung sich lohnt, nach den Kriterien, nach denen er bewertet<br />

(das ist <strong>Erhaltung</strong> durch Nutzung) - nicht nach den Kriterien einer Behörde.<br />

Es fällt mir außerordentlich schwer zu begreifen, warum wir offenbar nicht in <strong>der</strong> Lage sind,<br />

die Erfahrungen mit dem "farmers decision making" - das im Rahmen von Konzepten wie<br />

"local crop development", "participatory plant breeding" 52 , insbeson<strong>der</strong>e aber auch im Rahmen<br />

<strong>der</strong> "IPGRI strategy for the in situ conservation of agricultural biodiversity" (1995) einen<br />

so hohen Stellenwert erreicht hat - in die hiesige Praxis <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von PGR umzusetzen;<br />

vor hun<strong>der</strong>t Jahren war man in den süddeutschen Landessaatzuchtanstalten jedenfalls<br />

schon einmal weiter gewesen 53 . Man wird kaum sagen können, dass zu dem Themenkomplex,<br />

wie Anbauer/Nutzer (eingespannt in spezifische sozioökonomische, kulturelle und<br />

biologische Faktorenfel<strong>der</strong>) ihre Wahl zwischen verschiedenen Sorten treffen und welche<br />

Auswirkungen dies auf <strong>Erhaltung</strong> und Entwicklung <strong>der</strong> genetischen Vielfalt hat, noch nicht<br />

genug geforscht worden wäre, um mit <strong>der</strong> Idee wenigstens probeweise zu hantieren 54 . War<br />

es nicht die Einsicht, dass staatliche/institutionelle und privatwirtschaftliche Züchtungsprogramme<br />

mit einem viel zu engen Set von Züchtungszielen operierten, die einerseits das<br />

häufige Misslingen <strong>der</strong> Einführung mo<strong>der</strong>ner Sorten in Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Dritten Welt miterklärten<br />

und an<strong>der</strong>erseits mit zu den verschiedenen Spielarten des participatory approach 55 in <strong>der</strong><br />

Entwicklungszusammenarbeit geführt haben? Nein, unsere Programme drohen auf die Umsetzung<br />

obrigkeitlicher Empfehlungen für den Anbau bestimmter PGR zu setzen, statt die<br />

Entscheidungskompetenz <strong>der</strong> privaten Akteure für den Umgang mit PGR in <strong>der</strong> on-farm-<strong>Erhaltung</strong><br />

zu stärken. Mir ist schon klar, dass es ein fundamentaler Unterschied ist, ob erhaltungs-<br />

und/o<strong>der</strong> entwicklungsorientierte PGR-Aktivitäten in einem Land ansetzen, wo pflanzengenetische<br />

Vielfalt vorgefunden wird o<strong>der</strong> in einem Land, wo sie - wie bei uns - wie<strong>der</strong><br />

eingeführt o<strong>der</strong> vermehrt werden soll 56 , ja, wo streckenweise die einfachsten Kenntnisse <strong>zur</strong><br />

Saatgutvermehrung fehlen; und ich gebe gern zu, dass ein on-farm-Management von<br />

Landsorten und alten Cultivaren als Komplement <strong>der</strong> ex-situ-<strong>Erhaltung</strong> mit Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

saatgutrechtlichen und saatgutverkehrsrechtlichen Regelungen ein bedeutsamer Fortschritt<br />

gegenüber dem Ist-Zustand wäre - in Finnland ist <strong>der</strong>artiges geplant 57 . Aber eine nachhaltige<br />

Vermehrung <strong>der</strong> Vielfalt bei den - im Unterschied zu Feldfrüchten - weniger ressourcenintensiven<br />

gartenbaulichen Kulturen, kann mit einem top-down-Modell <strong>der</strong> Empfehlung ausgewählter<br />

PGR nicht gelingen (und erst Recht nicht, wenn ihr Wert über den Marktwert<br />

festgestellt wird), son<strong>der</strong>n vielleicht nur, wenn wir die Entwicklung individueller Bewertungsentscheidungen<br />

im Rahmen einer vornehmlich subsistenzorientierten Nutzung <strong>der</strong> PGR<br />

för<strong>der</strong>n - wenn wir die Pflanzen, mit denen wir uns umgeben, zu Familienmitglie<strong>der</strong>n<br />

machen. Wenn <strong>der</strong> Staat för<strong>der</strong>n will, soll er Kin<strong>der</strong>geld zahlen.<br />

"Jack Harlan - einer <strong>der</strong> echten Helden genetischer Vielfalt - hat einmal zu uns [Pat Mooney und<br />

Cary Fowler] gesagt, wenn Vielfalt erhalten bleiben soll, dann werde sie letzten Endes von<br />

Amateuren gerettet werden müssen: von Menschen, die ihre Saaten lieben. Und Harlan fügte<br />

52 s. z.B. HEIDE, TRIPP & BOEF 1996; EYZAGUIRRE & IWANAGA 1996.<br />

53 s. die Hinweise bei HILLMANN 1910: 105ff (Ghzgl. Badische Saatzuchtanstalt Hochburg), S.116ff<br />

(Kgl. Württembergische Saatzuchtanstalt Hohenheim; bes. S.117, 133f; dazu auch FRUWIRTH 1907<br />

(Sorten): 36ff), S.164 und 484ff (Kgl. Bayerische Landes-Saatzuchtanstalt Weihenstephan, bes. 488-<br />

493), aber auch Gießen (Landwirtschaftliches Institut <strong>der</strong> Universität; Gisevius): 64.<br />

54 BELLON 1996; JARVIS & HODGKIN 1998; BRUSH & MENG 1998; BRUSH 2000; CLEVELAND, SOLERI &<br />

SMITH 2000; JARVIS et al. 2000; JARVIS, STHAPIT & SEARS 2000; NEGRI et al. 2000; ZE<strong>VEN</strong> 2000 und<br />

2002; MAXTED 2002. Selbstverständlich werden Wissenschaftler immer Forschungsbedarf formulieren.<br />

Aber es genügen Beispiele, um das Handeln zu orientieren: So wurde aus Italien berichtet, dass es (1)<br />

zu 76% hochdiverse individuelle Vorlieben sind, aus denen heraus ein breites Spektrum von<br />

Phaseolus-Sorten erhalten wird, und dass (2) die Anbauer im Durchschnitt 65,2 Jahre alt sind (NEGRI &<br />

TOSTI 2002). Wie lange wollen wir warten?<br />

55 Vgl.: FRIIS-HANSEN & STHAPIT 2000: 16-21.<br />

56 HAMMER 1998: 39.<br />

57 ONNELA 1999.<br />

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