Download - VEN Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt
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werte <strong>der</strong> alten Sorte dürfen nur nicht größer werden als sie zum Zeitpunkt ihrer ersten Zulassung<br />
waren 104 .<br />
Ich möchte diesen Sachverhalt nun umgekehrt lesen: Das Maß <strong>der</strong> Schwankungsbreite eines<br />
Merkmalswertes gehört zu den Merkmalen einer Sorte. Wäre die Kopfkohl-Sorte ’September’<br />
noch die Sorte von HAHN & SCHMIDT (1951: 36), wenn sie im Hinblick auf die Stärke<br />
<strong>der</strong> Blattrandwellung des Umblattes nicht mehr als "von schwach bis stärker streuend" zu<br />
bonitieren wäre?<br />
Gewiss kann man an dieser Stelle unterschiedlicher Meinung sein. Mir geht es mit dem Beispiel<br />
darum, darauf hinzuweisen,<br />
1. dass wir in Analogie zu Mittelwert und Standardabweichung in <strong>der</strong> beschreibenden Statistik<br />
immer zwei Werte benötigen, um die Merkmalsverteilung in <strong>der</strong> Ausgangsmenge zu<br />
repräsentieren, auch in einer geschichtlich ausgerichteten Datenbank für Sorten.<br />
2. Schwankungen <strong>der</strong> Merkmalswerte einer Sorte bieten sich an als Maß für die Durchzüchtung<br />
<strong>der</strong> Sorte. In einer sortengeschichtlichen Perspektive aber gilt, dass sich die<br />
Ansprüche an die Durchzüchtung von Sorten geschichtlich gewandelt haben, nicht nur<br />
im Hinblick auf die Durchzüchtung bezüglich einzelner Merkmale, son<strong>der</strong>n auch im<br />
Hinblick auf das Merkmals-Set, das die für "die Unterscheidbarkeit maßgebenden Merkmale"<br />
definierte. Eine entsprechende Datenbank muss deshalb auch offen sein für die<br />
Dokumentation dieses Wandels.<br />
3. Variabilität ist ein natürliches Phänomen - worum es geht, ist das Ausmaß <strong>der</strong> Variation,<br />
nicht ihr Ausschluss 105 . Dieses Ausmaß muss vorhersagbar und beschreibbar sein. Mehr<br />
kann von Sorten unterschiedlicher Entstehungszeit nicht gefor<strong>der</strong>t werden.<br />
Für eine sortengeschichtliche Perspektive müssen wir uns deshalb von <strong>der</strong> heute gültigen<br />
"Homogenität", die aus <strong>der</strong> Sortenanerkennung in unseren Begriff von Sorte gewan<strong>der</strong>t ist,<br />
verabschieden und ein Maß für die Variationsbreite <strong>der</strong> Werte eines Merkmales innerhalb<br />
einer Sorte einführen. Es ist dabei nicht ausreichend (wenn auch manchmal mehr nicht angeboten<br />
wird), einen merkmalsübergreifenden Wert für den Grad <strong>der</strong> Durchzüchtung anzuzeigen,<br />
wie dies in NIAB 1994 geschehen ist (uniformity: 9-stufiger Boniturschlüssel). Denn<br />
auch dieser Wert ist in <strong>der</strong> Regel kein Globalwert über alle Merkmale son<strong>der</strong>n nur über einige<br />
wenige (Kopffestigkeit, Innenstrunklänge, Kopfdurchmesser). Vielmehr muss die Möglichkeit<br />
bestehen, die Variationsbreite <strong>der</strong> Werte merkmalsspezifisch zu vermerken.<br />
(4) Die Verwaltung <strong>der</strong> Synonyme ist für jede sortengeschichtliche Datenbank eine wichtige<br />
Aufgabe. Aus den Beispielen in 2.1.b habe ich für mich den Schluss gezogen, dass es am<br />
günstigsten ist, eine Synonymie-Behauptung als datensatzbezogene Sorteninformation zu<br />
behandeln. D.h.: Auch wenn es sinnvoll ist, ein Suchinstrument zu konstruieren, das in einer<br />
Abfrage Hinweise liefert auf alle je in <strong>der</strong> Literatur behaupteten synonymen Namen zu einer<br />
Sorte, so ist doch strikt daran festzuhalten, dass Synonymie bei Sorten nicht mehr ist als die<br />
Behauptung<br />
− eines Autors<br />
− zu einem bestimmten Zeitpunkt <strong>der</strong> Sortengeschichte<br />
− im Hinblick auf ein (nicht immer erkennbares) Set von Merkmalen mit einem je merkmalsspezifischen<br />
Wertebereich.<br />
Denn: Wenn Synonymie heißt "difference only in name", so impliziert das: "kein Unterschied<br />
in den Werten <strong>der</strong> Beschreibungsmerkmale". D.h. aber: Ob eine Sorte mit einer an<strong>der</strong>en<br />
Sorte synonym ist, hängt davon ab, welches Werte- und welches Merkmals-Set für die Beschreibung<br />
verwendet wird. Beide aber haben sich für die Beschreibung von Sorten historisch<br />
geän<strong>der</strong>t - und damit auch für die Feststellung <strong>der</strong> Synonymie. Deshalb dürfen wir nie<br />
sagen:<br />
"’Spitziges engelberger Kraut’ ist ein Synonym für die Kopfkohl-Sorte ’Windelstädter Kopf-Kohl’",<br />
104 s. UPOV TG/1/3 (2002), Kapitel 6. Ich danke Herrn Dr. Johann Habben (Bundessortenamt) für<br />
seine Erläuterungen (29. Okt. 2002).<br />
105 BAUM 1986 (in MAESEN): 245.<br />
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