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Download - VEN Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt

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B: Nein, so ist es nicht. Du bist beweispflichtig mit deiner Annahme <strong>der</strong> hinreichenden<br />

Konstanz einer Sorte zu zwei verschiedenen Zeitpunkten. Die gültige Definition von<br />

Sorte/cultivar im ICNCP-1990 (s.o. S. 27) benutzt den Begriff <strong>der</strong> Beständigkeit, <strong>der</strong> auf<br />

die Bedingung <strong>der</strong> Stabilität in <strong>der</strong> DUS-Bedingung für die Sortenanerkennung <strong>zur</strong>ückgreift.<br />

Das Recht einer Behauptung von Stabilität muss nachgewiesen werden, sonst<br />

wird <strong>der</strong> Sortenbegriff nicht korrekt angewandt. Und wenn wir schon dabei sind: Den<br />

Nachweis kannst du nur liefern, indem du (wie oben S. 27f vorgeschlagen) ein Verfahren<br />

verwendest, das dem <strong>der</strong> Sortenprüfung analog ist - analog: in Rücksicht auf die jeweiligen<br />

sortenkundlichen Quellen.<br />

A: Aber es ist doch nun einmal so, dass eine Sorte, auch wenn sie über Generationen<br />

nachgebaut wird, einen Fortpflanzungszusammenhang darstellt. Glaub' nicht, ich wüßte<br />

nicht auch, was genetische Drift und Shift sind, aber es bleibt, dass die Ähnlichkeit zwischen<br />

Elterpflanzen und Nachkommen immer größer ist als zwischen Pflanzen, die nicht<br />

in diesem genealogischen Verhältnis stehen. Nimmt man jetzt noch an, dass es dem<br />

Nachbauer einer Sorte um die <strong>Erhaltung</strong> <strong>der</strong> Sorteneigenschaften geht, dann ist es<br />

sinnvoll und berechtigt, mit mehr Zuversicht auf die Konstanz von Sorten zu sehen als du<br />

es wahrhaben willst.<br />

B: Mir geht es nicht darum, diesen Fortpflanzungszusammenhang zu bestreiten. Es ist völlig<br />

unbestritten, dass es eine ganz klare genealogische Beziehung zwischen Individuen<br />

<strong>der</strong> Sorte Z zum Zeitpunkt C und Individuen <strong>der</strong> Sorte Z zum Zeitpunkt C + t gibt - nennen<br />

wir das den Richtungspfeil <strong>der</strong> Abstammung. Ich bestreite etwas ganz an<strong>der</strong>es:<br />

Dass wir nämlich - und genau das wäre hier historische Rekonstruktion <strong>der</strong> Sortengeschichte<br />

- diesen Richtungspfeil gegen seine Richtung lesen können. Es gibt diesen<br />

Fortpflanzungszusammenhang, aber wir können ihn prinzipiell nicht kennen.<br />

A: Nein, mit deiner Verallgemeinerung blendest du etwas Entscheidendes aus. Dieser<br />

"Fortpflanzungszusammenhang" wird ja permanent begleitet, selektierend begleitet - ob<br />

nun die Sorte von Mutter o<strong>der</strong> Vater an Tochter o<strong>der</strong> Sohn o<strong>der</strong> von einem Züchter an<br />

einen an<strong>der</strong>en weitergegeben wird: Die Folgegeneration kennt die Sorte mit ihren Eigenschaften<br />

und will sie auch mit diesen Eigenschaften erhalten, sonst würde sie sie<br />

nicht übernehmen.<br />

B: So kann es sein - o<strong>der</strong> auch nicht. Ich bin als Historiker wahrscheinlich nie <strong>der</strong> Protokollant<br />

dieser Übergaben. Ich kann im Vertrauen auf deine letzte Behauptung auf meinen<br />

Anspruch verzichten, die Sorte Z zum Zeitpunkt C und zum Zeitpunkt D zu vergleichen -<br />

aber nur als Gärtner, nicht als Historiker.<br />

Aber B hat ein noch tiefer greifendes Argument 44 : A gründet seine Behauptung, B habe im<br />

Einzelfall nachzuweisen, dass die Sorten nicht hinreichend konstant wären, auf das Konzept<br />

des Fortpflanzungszusammenhangs. A konstruiert auf diese Weise den Begriff <strong>der</strong> Sorte<br />

analog zum Begriff <strong>der</strong> Art in <strong>der</strong> theoretischen Biologie: "Spezies sind Gruppen von sich<br />

miteinan<strong>der</strong> fortpflanzenden Populationen, die reproduktiv von an<strong>der</strong>en solchen Gruppen<br />

isoliert sind" 45 . Mit diesem biologischen Speciesbegriff (reproduktive Isolation; genetische<br />

Kohärenz mit aktuellem o<strong>der</strong> potentiellen genetischen Austausch) ist zwar auf <strong>der</strong> basalen<br />

Ebene <strong>der</strong> botanisch/zoologischen Klassifikation die Verkopplung <strong>der</strong> Taxonomie mit<br />

an<strong>der</strong>en Systembereichen <strong>der</strong> Biologie (insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Evolutionsforschung) geglückt,<br />

doch bleibt ein Hauptproblem jedes natürlichen Systems in <strong>der</strong> Systematik bestehen:<br />

biologische - und nicht morphologische - Definitionen <strong>der</strong> höheren Taxa vorzulegen 46 ; sie<br />

werden in großem Umfang weiterhin über den Merkmalsvergleich erarbeitet und sind in <strong>der</strong><br />

Regel Morphotaxa, d.h. typologische Konzepte. Zurück zum Sortenbegriff: Der Versuch, ihn<br />

über das Konzept des Fortpflanzungszusammenhangs als biologisch fundierten Begriff zu<br />

44 Für die folgende Argumentation haben Gedanken aus ANDERSSON 1990 und MANSFELD 1953 Pate<br />

gestanden.<br />

45 z.B. MAYR 1991: 206; LÖVE 1964.<br />

46 Für den Bereich <strong>der</strong> Zoologie ist <strong>der</strong> Frankfurter konstruktionsmorphologischen Schule mit WOLF-<br />

GANG F. GUTMANN (@) an <strong>der</strong> Spitze in dieser Hinsicht einiges gelungen, für die Pflanzen aber fehlen<br />

meines Wissens vergleichbare Ergebnisse.<br />

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