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Download - VEN Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt

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"Ich will nicht unterlassen zu bemerken, daß Körnicke zuerst die grundsätzlichen Unterschiede<br />

zwischen Varietäten und Sorten festgestellt hat. Unter Varietäten versteht er Unterabteilungen<br />

einer Art, die sich äußerlich noch nach botanischen Merkmalen unterscheiden lassen, unter<br />

Sorten dagegen Unterabteilungen einer Varietät, die sich nur durch physiologische Merkmale<br />

voneinan<strong>der</strong> unterscheiden, durch hohen o<strong>der</strong> niedrigen Wuchs, früheres o<strong>der</strong> späteres Reifen,<br />

hohen o<strong>der</strong> niedrigen Ertrag und <strong>der</strong>gleichen mehr." 114<br />

KÖRNICKEs Grenzscheide zwischen Varietät / Sorte - morphologische Merkmale / physiologische<br />

Merkmale war ab dem Ausgang des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts durch die Züchtungsforschung<br />

und die Züchtung selbst nicht mehr zu halten. Die Beobachtung <strong>der</strong> Ergebnisse fortgesetzter<br />

Individualauslese und die Korrelationsforschungen <strong>der</strong> beginnenden Vererbungswissenschaft<br />

erlaubten es, Eigenschaften von Sorten, die man ehemals als physiologisch bedingt<br />

wahrgenommen hatte, nun als genetisch fixierte morphologische Merkmale zu verstehen.<br />

KURT VON RÜMKER z.B. hat dies 1908 an <strong>der</strong> Kopplung <strong>der</strong> Begriffspaare dicht-/lockerährig -<br />

lang-/kurzährig in <strong>der</strong> Diskussion über Sortenunterscheidung vorgeführt 115 .<br />

Ich glaube aber, man würde einen Fehler machen, wenn man die Entwicklung eines auch<br />

auf morphologische Unterschiede begründeten Sortenbegriffs in zu starker Abhängigkeit von<br />

<strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Züchtungsforschung sähe. Mir scheint die Ausformulierung des<br />

Sortenbegriffes vielmehr von ökonomischen Entwicklungen im Bereich <strong>der</strong> praktischen<br />

Pflanzenzüchtung vorangetrieben, die eine Fixierung eigentumsrechtlicher Ansprüche verlangten.<br />

Um diese Ansprüche <strong>der</strong> praktischen Pflanzenzüchter begründbar zu machen, bediente<br />

man sich <strong>der</strong> Systematik <strong>der</strong> Züchtungsmethoden, um ihre Berechtigung am Objekt<br />

des wirtschaftlichen Handelns nachzuweisen <strong>der</strong> Morphologie.<br />

Unser aktueller Sortenbegriff ist auf das Set <strong>der</strong> DUS-Bedingungen bezogen und merkmalsorientiert:<br />

Eine neue Sorte muss unterscheidbar (distinct - D) von allen an<strong>der</strong>en zugelassenen<br />

Sorten, uniform (U) und beständig (stable - S) in Bezug auf die Merkmale des<br />

Tests sein. Der Sortenbegriff, den KURT VON RÜMKER 1908 <strong>der</strong> Deutschen Landwirtschafts-<br />

Gesellschaft unterbreitete, war dagegen züchtungsmethodisch orientiert:<br />

"Hochzuchten sind nur solche Zuchten, welche durch nachweisbare Stammbaumzucht, strengste<br />

Individualauslese und Familienzucht herangebildet wurden." 116<br />

Und die Systematik <strong>der</strong> Züchtungsmethoden generierte das Schema für eine Systematik <strong>der</strong><br />

Begriffe von Sorte im weiteren Sinn.<br />

114 WITTMACK 1911: 105. Ähnlich schon FRUWIRTH 1901: 15 und kritisch S. 19 n.1; seine Definition lautet<br />

dann (S.22): "Innerhalb einer Kulturvarietät sowohl wie innerhalb einer kultivierten gewöhnlichen<br />

Varietät, berechtigen wenige erhebliche, morphologische, insbeson<strong>der</strong>e physiologische Unterschiede,<br />

die sich bei vielen Individuen einheitlich zeigen, <strong>zur</strong> Aufstellung einer S o r t e . Die Sorten sind im<br />

Kulturzustande entstanden und bei vielen <strong>der</strong>selben kennt man ihre Entstehung, - Züchtung durch<br />

Auslese größerer Variationen und aus <strong>der</strong> Nachkommenschaft von Bastardierungen - Landsorten."<br />

KÖRNICKEs Unterscheidung morphologisch/physiologisch wird bei FRUWIRTH erst eine Stufe tiefer begriffsbildend.<br />

Er schrieb im Anschluss an das voranstehende Zitat: "Wird eine Sorte durch einen an<strong>der</strong>en<br />

Züchter nach den bisherigen Grundsätzen weitergezüchtet, o<strong>der</strong> durch Veredelung in <strong>der</strong> Weise<br />

weiter verän<strong>der</strong>t, daß es sich nicht um neue o<strong>der</strong> quantitativ sehr wesentlich verän<strong>der</strong>te Eigenschaften,<br />

son<strong>der</strong>n nur um ein etwas größeres o<strong>der</strong> geringers Ausmaß von physiologischen- o<strong>der</strong> Leistungseigenschaften<br />

handelt, mit welchen diese in Erscheinung treten, so kann man von einer<br />

Z u c h t sprechen. Im gleichen Sinn benutzt auch RÜMKERs erster Definitionsanlauf 1898 von<br />

"Pflanzenrasse" (= Sorte) und "Zucht" (und S.131) KÖRNICKEs Unterscheidung.<br />

115 RÜMKER 1908: 148-149. Einen wichtigen Schritt in diese Richtung führte das Buch von SCHINDLER<br />

1893: Der Weizen in seinen Beziehungen zum Klima und das Gesetz <strong>der</strong> Korrelation. SCHINDLER formulierte<br />

die allgemeinere These, dass Form und Leistung sich gegenseitig durchdringen, und dass<br />

sich daher die künstlichen Schranken zwischen morphologischen und physiologischen Merkmalen<br />

nicht mehr aufrecht erhalten lassen (zu den ersten Ergebnissen <strong>der</strong> Korrelationsforschung s. auch<br />

FRUWIRTH 1901: 161-166). Wichtige Begriffe für die theoretische Diskussion brachte dann JOHANNSENs<br />

Lehre von den "reinen Linien" (1903).<br />

116 RÜMKER 1908: 144. Ich zitiere nach RÜMKER 1908 (nicht nach <strong>der</strong> Vorabversion von 1907), weil<br />

dieser <strong>zur</strong> Grundlage <strong>der</strong> DLG-Arbeit wurde und die Einwände von FRUWIRTH 1908 berücksichtigte.<br />

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