Download - VEN Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt
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Von <strong>der</strong> Aufgabe des "DLG-Hochzuchtregisters" aus gedacht, fehlen dieser Typologie <strong>der</strong><br />
Sortenbegriffe noch die saatgutverkehrsrechtlichen Komponenten. RÜMKER hat dies 1908<br />
ganz klar gesehen, als er seinen Begriff von "Originalsaatgut" vorlegte, <strong>der</strong> dem Käufer die<br />
Versicherung hochwertiger Ware geben soll und dem Züchter (auf diese Weise geschützt<br />
vor Nachbauware) den ungeschmälerten Gewinn seiner züchterischen Arbeit:<br />
"In jedem Falle sollte <strong>der</strong> Ausdruck "Originalsaatgut" nur die Herkunft eines Saatgutes bezeichnen,<br />
nicht aber, auch nicht andeutungsweise, die Zuchtmethode..."<br />
Die Notwendigkeit einer Bestimmung von Saatgut-Kategorien für den Saatgutverkehr führt<br />
zu Definitionen, die in <strong>der</strong> Typologie <strong>der</strong> Sortenbegriffe eine fundamentale Differenz sichtbar<br />
machen:<br />
"Originalsaatgut ist:<br />
a) bei Landsorten Saatgut, welches in dem Gebiete <strong>der</strong> Sorten gewonnen wird;<br />
b) bei veredelten Sorten, Hochzuchten und Neuzüchtungen Saatgut, welches aus <strong>der</strong> Wirtschaft<br />
des Züchters stammt, o<strong>der</strong> unter seiner Leitung und Aufsicht in an<strong>der</strong>en Wirtschaften<br />
vervielfältigt wird." 151<br />
Die Differenz, die sichtbar wird, ist die Differenz von Züchtung und Nicht-Züchtung. Sie ist<br />
deshalb so wichtig, weil sie das Denkmuster <strong>der</strong> Dichotomie bereitstellt, mit dem nun eine<br />
weitere Klärung des Sortenbegriffes erzeugt werden kann:<br />
Züchtung Nicht-Züchtung<br />
Sorte Nicht-Sorte<br />
veredelte Sorten, Hochzuchten, Neuzüchtungen Landsorten<br />
Mit diesem Klärungsschritt, <strong>der</strong> die Qualifizierung als Sorte <strong>der</strong> linken Seite <strong>der</strong> Dichotomie<br />
reserviert, hat <strong>der</strong> Bezug auf die Züchtungsmethoden seine Funktion als Trennkriterium<br />
ausgespielt, so dass nun die Möglichkeit besteht, den Sortenbegriff - die linke Seite - semantisch<br />
neu zu bestimmen 152 .<br />
151 RÜMKER 1908: 147 (ein erster Definitionsanlauf in RÜMKER 1898: 122f). Die Definition wurde 1913<br />
geän<strong>der</strong>t. Hauptdiskussionspunkt war die These vom Herkunftswert des Saatgutes als Variante <strong>der</strong><br />
Frage nach <strong>der</strong> Vererbung erworbener Eigenschaften (s. dazu WITTMACK 1911: 115f und 118f und die<br />
Diskussion von FRUWIRTH 1901: 139-150; <strong>zur</strong> weiteren Problemgeschichte s. SEIFFERT 1954, POLLMER<br />
1964, GÄDE 1998: 219-221): Weil die Boden- und Klimaverhältnisse <strong>der</strong> Vermehrungsstellen den Anbauwert<br />
des Saatguts beeinflussen, müssen die Vermehrungsstellen an ähnlichen o<strong>der</strong> gleichen Stätten<br />
liegen wie die Zuchtstätten <strong>der</strong> jeweiligen Sorten. Diese These wurde abgelehnt, so dass die neue<br />
Fassung lautete:<br />
"Originalsaatgut ist: a) bei Landsorten das Saatgut, welches in dem Heimatsgebiet <strong>der</strong> Sorten gewonnen<br />
wird, b) bei den durch Züchtung entstandenen Sorten das Saatgut, das aus <strong>der</strong> eigenen Zuchtstätte<br />
des Züchters o<strong>der</strong> seinen Vermehrungsstellen stammt." (Saatzucht-Abteilung <strong>der</strong> DLG 1914).<br />
152 Für die rechte Seite <strong>der</strong> Dichotomie hatte dies ernste Folgen. Schon in den frühen DLG-Sortenversuchen<br />
hatte eine systematische Entwertung <strong>der</strong> meist extensiven Landsorten stattgefunden: Um<br />
die höheren Erträge <strong>der</strong> Original- und Hochzuchten augenscheinlich zu machen - und um auf diese<br />
Weise für sie zu werben -, waren die Versuche so eingerichtet worden, dass den neuen Zuchtsorten<br />
Lokalsorten als Vergleichssorten gegenübergestellt wurden (die Überbewertung <strong>der</strong> Ertragsleistung<br />
gegenüber <strong>der</strong> Ertragssicherheit im Wertbegriff wurde erst später wie<strong>der</strong> effektiv diskutiert) (s. HANSEN<br />
& FISCHER 1936: 205 und ZADE 1918 z.B. S.282f zu den Folgen für alte Landhafersorten; eine Kritik<br />
<strong>der</strong> DLG-Sortenversuche bei KRZYMOWSKI 1907).<br />
Dann aber gab es auch Umstellungen in <strong>der</strong> theoretischen Reflexion über Landsorten. Gegen den viel<br />
breiteren Ansatz von PROSKOWETZ und SCHINDLER 1890 (<strong>der</strong> vielleicht erst wie<strong>der</strong> im November 1927<br />
bei einer Sitzung des wissenschaftlichen Beirats, Abt. Genetik, des Internationalen landwirtschaftlichen<br />
Institut in Rom aufgegriffen wurde, s. FRUWIRTH 1928; STAPF 1909: 806 gehört wohl eher in die<br />
Vorfahrenlinie von VAVILOV)) wurden, insbeson<strong>der</strong>e unter dem Einfluss des Genetikers und Züchtungsforschers<br />
BAUR 1914 (und - weniger einseitig - TSCHERMAK 1915 und NILSSON-EHLE 1911, 1912,<br />
1913, 1924 [über die mendelnde Vererbung physiologischer Eigenschaften]), Landsorten zunehmend<br />
nur noch als Resistenzquellen für biotischen und abiotischen Stress im Rahmen von Kombinationszüchtungen<br />
angesehen. Für die Sammlung von Landsorten in (z.T. spezialisierten) Instituten und auf<br />
Zuchtstationen hatte dies zwar sehr positive Auswirkungen (eine Übersicht über die Sammlungen von<br />
Getreidelandsorten bis 1937 bei SCHIEMANN 1943: 435). Aber die Bemühungen um Pflege und züch-<br />
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