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Download - VEN Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt

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akteristik (in <strong>der</strong> ersten Spalte) aufgeführten Bestimmungsgrößen enthalten muss. Aber sie<br />

muss in <strong>der</strong> Lage sein, auch Daten zu erfassen, die für uns nicht notwendig zum Set <strong>der</strong><br />

Bestimmungs- und Wertmerkmale gehören. Auch darin spiegelt sich Sorten- und Züchtungsgeschichte.<br />

Schritt 2: historiographische Sättigung <strong>der</strong> Werte eines Merkmals<br />

Ich will diese Aufgabe an nur einem Beispiel vorführen. Eines <strong>der</strong> wichtigsten morphologischen<br />

und ökonomisch relevanten und deshalb auch für alle Sortenkunden des Kopfkohls<br />

unverzichtbaren Merkmale ist die Form des Kopfes. Aber die Beschreibungsbegriffe für die<br />

Kopfform haben selbst ihre Geschichte. Wir müssen diese Geschichte zumindest im Ansatz<br />

kennen und wir müssen über ein Regelwerk verfügen, mit dem wir die Werte des Merkmals<br />

"Kopfform" in verschiedenen Zeiten auf einan<strong>der</strong> abbilden. Die Kopfform ist für eine beispielhafte<br />

Demonstration von Schritt 2 beson<strong>der</strong>s geeignet, weil sie als pseudoqualitatives<br />

Merkmal 100 die Schwierigkeiten eines solchen Regelwerks schön offenlegt.<br />

Die folgenden Abbildungen versuchen zum einen die Geschichte <strong>der</strong> Merkmalswerte zu dokumentieren,<br />

zum an<strong>der</strong>en, sie auf ein einheitliches Schema zuzuordnen. Als Referenz<br />

scheint mir das 7-teilige BSA/UPOV-Schema beson<strong>der</strong>s geeignet.<br />

Abb. 11 korreliert einige graphische Schemata von 1929 bis 1992.<br />

Abb. 12: Graphische Grundschemata und verbale Beschreibungen <strong>der</strong> Kopfform sind in<br />

vielen Sortenkunden keineswegs deckungsgleich; und es muss nicht immer je<strong>der</strong> schematisch<br />

erläuterte Begriff durch eine Sorte erfüllt werden (JENSMA), noch muss jede vorkommende<br />

Kopfform durch ein graphisches Schema definiert werden (HAHN & SCHMIDT).<br />

In vielen Fällen gehen die verbalen Charakterisierungen <strong>der</strong> Kopfform in ihrer Detailiertheit<br />

weit über die Begriffe <strong>der</strong> graphischen Grundschemata hinaus und es werden so feinsinnige<br />

Unterschiede gemacht wie "rund bis etwas hochrund" gegen "etwas hochrund bis rund"<br />

(HAHN & SCHMIDT). Die Abbildung versucht, die vielfältigen verbalen Beschreibungen den<br />

wenigen graphisch definierten Grundtypen zuzuordnen.<br />

Es ist völlig klar, dass man sich mit einem solchen Verfahren erhebliche Schwierigkeiten<br />

einhandelt, weil man nie das exakte Verständnis <strong>der</strong> Beschreibungsbegriffe des Autors <strong>der</strong><br />

Sortenbeschreibung kennen kann. Aber<br />

1. dieses klassische hermeneutische Problem ist nicht lösbar und<br />

2. wir lösen es immer schon, wenn wir überhaupt mit alten Texten umgehen wollen.<br />

Wenn wir mit alten Texten umgehen wollen, müssen wir vom strikt autorbezogenen Standpunkt<br />

zu einem auch leserbezogenen wechseln. Die im Eingang des Kapitels 2 vorgestellte<br />

Datenbank "Historische Nutzpflanzen" überlässt diese unabdingbare, notwendige Interpretationsaufgabe<br />

jedem einzelnen Leser. Wenn wir aber wollen, dass unser Textverständnis<br />

nicht nur leserbezogen ist, dann müssen wir uns um Klärungsverfahren für das Begriffsverständnis<br />

des Autors bemühen. Ich kann nur nochmals an die in <strong>der</strong> Einleitung zu 2.2.<br />

gemachten Bemerkungen erinnern: Was hier vorgeschlagen wird ist nichts an<strong>der</strong>es als eine<br />

methodische Kontrolle unserer "normalen" Lektüre sortengeschichtlicher Quellen mit dem<br />

Ziel, diese Lektüre konsequent, nachvollziehbar und quellenkritisch durchsichtig zu machen.<br />

Mit den Erläuterungen zu Abb. 13 beginnt die Erarbeitung des dafür notwendigen Hilfsmittels:<br />

die semantische Analyse <strong>der</strong> autorspezifischen Auffassungen über die Wertebereiche<br />

eines jeden Merkmals.<br />

Abb. 13: In den älteren Sortenkunden fehlen graphische Definitionsschemata, hier stehen<br />

nur verbale Beschreibungen <strong>zur</strong> Verfügung. Wird das 7-teilige BSA/UPOV-Schema als<br />

Normschema <strong>der</strong> Werte des Merkmals "Kopfform" zugrunde gelegt, dann muss <strong>der</strong> jeweilige<br />

Begriffsumfang in <strong>der</strong> autorspezifischen Ordnung <strong>der</strong> Merkmalswerte definiert werden.<br />

100 zum Begriff s. oben S. 28 n. 34.<br />

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