Download - VEN Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt
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RÜMKER hat die zitierte DLG-Definition von Landsorte weiter kommentiert:<br />
"Der Begriff Landsorte in diesem von dem Unterausschuß gefaßten Sinne ist also ein geographischer<br />
und bezeichnet die Herkunft einer Form aus einer ganz bestimmten Gegend, in welche<br />
sie solange angebaut sein muß, daß man ihr erstes Auftauchen in dieser Gegend nicht mehr<br />
kennt. Ferner schließt <strong>der</strong> Begriff Landsorte in diesem Sinne jede bewußte züchterische Veredelungsarbeit<br />
aus; Landsorten in diesem Sinne sind also auf dem Wege natürlicher Zuchtwahl<br />
und Anpassung an die Vegetationsverhältnisse (Boden, Klima und Kulturzustand) ihrer Heimat<br />
im Laufe <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>te entstanden und zu relativ hoher Konstanz in <strong>der</strong> Form und Vererbung<br />
gelangt.<br />
Eine Landsorte, welche aus ihrer Heimat entfernt und an einem an<strong>der</strong>en Orte eingeführt wird,<br />
wird daher die ihr eigentümlichen Merkmale und Eigenschaften zäher festhalten und nicht so<br />
bald ablegen, wie es die durch methodische Zuchtwahl beeinflußten Formen bei einem Wechsel<br />
des Anbauortes, o<strong>der</strong> überhaupt bei Verän<strong>der</strong>ung ihrer Lebensbedingungen zu tun pflegen...<br />
Hieraus geht hervor, daß diese bei den echten alten Landsorten anzutreffenden Merkmale und<br />
Eigenschaften durchaus fest und scharf ausgeprägt sind und daher systematischen Wert besitzen,<br />
und daß es somit unstatthaft und in je<strong>der</strong> Beziehung verwerflich erscheinen muß, beliebige<br />
an<strong>der</strong>e Formen, die zufällig in einer solchen durch eine wirkliche Landsorte bekannt gewordenen<br />
Gegend angebaut wurde, mit dem Namen dieser Gegend zu belegen.<br />
Kriterium <strong>der</strong> Klassifikation einer Sorte als Landsorte mag zwar ihre Entstehung und die<br />
geographische Herkunft sein, es muss aber Kriterien geben, die das Recht <strong>der</strong> Benennung<br />
einer Saatgutprobe mit dem Namen einer Landsorte überprüfbar machen. So muss RÜMKER<br />
seine Definition grundsätzlich erweitern:<br />
"Der Begriff "Landsorte" schließt also nicht nur die geographische Herkunft in obigem Sinne in<br />
sich, son<strong>der</strong>n zugleich auch das Vorhandensein bestimmter Merkmale und Eigenschaften, die<br />
für diese Herkunft erfahrungsgemäß charakteristisch sind." 153<br />
CARL FRUWIRTH hat in einer Abhandlung zu einem früheren Definitionsentwurf RÜMKERs<br />
einen weiteren und einen engeren Begriff von Landsorte vorgeschlagen 154 :<br />
[weiter Begriff] "Bezeichnet man aber als Landsorte, wie dies meist geschieht, ein Gemisch von<br />
Formen, dessen Kennzeichnung nur durchschnittlich o<strong>der</strong> für einige Eigenschaften möglich ist<br />
und das sich durch Züchtung auf dem Wege <strong>der</strong> Formentrennung in eine Reihe von Formen<br />
auflösen läßt, so wird die Erscheinungsart einer solchen Landsorte nicht allgemein durch b e -<br />
s t i m m t e Merkmale und Eigenschaften gekennzeichnet sein."<br />
[enger Begriff] "Wenn man bei Landsorte den Begriff Sorte auf einen sicher vererbenden, von<br />
an<strong>der</strong>en deutlich unterscheidbaren Formenkreis einschränkt, so trifft das Vorhandensein bestimmter<br />
charakterisieren<strong>der</strong> Merkmale voll zu".<br />
terische Bearbeitung <strong>der</strong> Landsorten selbst kam unter diesem neuen Paradigma immer mehr zum Erliegen,<br />
trotz <strong>der</strong> ermutigenden Ergebnisse, trotz <strong>der</strong> schon früh erkannten und verstandenen Ertragsstabilität,<br />
trotz <strong>der</strong> schon frühen Qualifizierung als low-input- bzw. Extensiv-Sorten (EDLER 1906,<br />
KIEßLING 1906, 1908 und 1912, KRAUS 1909, KIEßLING in HILLMANN 1910: 158-164, MANSHOLT 1909<br />
(benutzt in ZE<strong>VEN</strong> 1998: 129 und 137), KLEIN 1912, KRZYMOWSKI 1905, 1913 (Beziehungen), 1913<br />
(Intensitätsindikatoren), SCHINDLER 1918 und 1928, JELÍNEK 1919 jeweils mit weiterer Literatur).<br />
Der Begriff <strong>der</strong> Landsorte (ZE<strong>VEN</strong> 1998) behält das Potential, die Dichotomie Sorte/Nicht-Sorte zu reaktivieren<br />
und den mo<strong>der</strong>nen Sortenbegriff zu stören. Offensichtlich wurde dies z.B. bei <strong>der</strong> Diskussion<br />
des Züchterbegriffs anlässlich <strong>der</strong> Revision <strong>der</strong> UPOV-Konvention 1991 am Begriff <strong>der</strong> Entdeckung:<br />
"Züchter: die Person, die eine Sorte hervorgebracht o<strong>der</strong> [sie] entdeckt [und entwickelt] hat", hieß es<br />
im Ausgangsvorschlag (Ergänzungen des angenommenen Wortlauts in [...]). "Herr Demir (Türkei)<br />
bemerkte, dass mehrere, zu dieser Begriffsbestimmung zu Rate gezogenen Wissenschaftler betont<br />
hätten, dass das Wort "entdeckt" unbedingt gestrichen o<strong>der</strong> ersetzt werden müss, und zwar vor allem,<br />
um zu vermeiden, dass alte Landsorten geschützt werden. Er fügte hinzu, seines Erachtens sei auch<br />
die FAO gegen diese Definition, weil sie möglicherweise mit dem Begriff <strong>der</strong> Rechte <strong>der</strong> Landwirte<br />
kollidiere" (UPOV 1992: 16 bzw. 196 (Nr. 111)). Eine an<strong>der</strong>e Variante <strong>der</strong> Störung wurde oben S. 61<br />
n.92 angeführt.<br />
153 RÜMKER 1908: 140.<br />
154 FRUWIRTH 1908: 126 mit Bezug auf RÜMKER 1907: 547f.<br />
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