Download - VEN Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt
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Es fällt nicht leicht Sätze zu formulieren, bei denen man das Gefühl hat, sie handelten von<br />
Selbstverständlichkeiten. Aber ich habe in Gesprächen erfahren, dass die Bewertungen viel<br />
weiter gestreut sind: von "banal" über "unsinnig überkritisch" bis "politisch kontraproduktiv".<br />
Deshalb möchte ich sie im Hinblick auf eine politisch-administrative Verwertung einer sortengeschichtlichen<br />
Datenbank verteidigen. Denn solche Verwertungspläne existieren - und<br />
ich lehne sie in den anvisierten Formen ab.<br />
Als am 29.10.2001 beim damaligen Informationszentrum Genetische Ressourcen (IGR;<br />
heute IBV: Informationszentrum Biologische Vielfalt) ein Informationsaustausch zum Thema<br />
"Alte-Sorten-Datenbank" stattfand, geschah dies in einem politisch imprägnierten Rahmen.<br />
Er wird abgesteckt durch die Pflicht <strong>zur</strong> Umsetzung internationaler Beschlüsse im Rahmen<br />
<strong>der</strong> Agenda 21, des Globalen Aktionsplans <strong>der</strong> FAO und des Übereinkommens über die<br />
Biologische Vielfalt (ÜBV, engl. CBD). Eine aus den Verpflichtungen des ÜBV entspringende<br />
Konzeption zu Genetischen Ressourcen wurde im Jahr 2000 veröffentlicht 50 . Dort wie<strong>der</strong>um<br />
wird die Notwendigkeit Nationaler Fachprogramme für einzelne Aufgabenfel<strong>der</strong> festgestellt,<br />
u.a. ein Nationales Fachprogramm für Pflanzengentische Ressourcen (PGR). Im Rahmen<br />
dieses Programmes soll es auch um die Erstellung einer Roten Liste PGR sowie die<br />
Einführung einer populationsbezogenen För<strong>der</strong>ung für den Anbau von PGR unter Nutzung<br />
u.a. <strong>der</strong> Informationen aus dieser Roten Liste gehen.<br />
Am weitesten fortgeschritten und am konkretesten zu fassen sind <strong>der</strong>artige Pläne im<br />
"Demonstrationsvorhaben <strong>zur</strong> On-farm-Bewirtschaftung pflanzengenetischer Ressourcen in<br />
Nordrhein-Westfalen" (Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Verbraucherschutz und Landwirtschaft<br />
NRW, Düsseldorf), die allerdings auf <strong>der</strong> Nutzung des wesentlich engeren För<strong>der</strong>ungsrahmens<br />
<strong>der</strong> EU-Verordnung "Ländlicher Raum" fußen und mit einem Erörterungstermin<br />
am 31.8.1999 öffentlich wurden.<br />
Hier wie dort wird eine Entscheidungsgrundlage für die För<strong>der</strong>ung des Anbaus von PGR<br />
benötigt. Solange eine (möglichst flächendeckende) Inventarisierung über die noch o<strong>der</strong><br />
wie<strong>der</strong> angebauten PGR diese Grundlage bereitstellt 51 , ist dies aus meiner Sicht ausgesprochen<br />
wünschenswert, weil dann genau <strong>der</strong>jenige Personenkreis geför<strong>der</strong>t wird, <strong>der</strong><br />
schon durch Nachbau und Nutzung die <strong>Erhaltung</strong> <strong>der</strong> PGR stützt. Sobald aber Namen aus<br />
einer sortengeschichtlichen Datenbank in den Kriterienkatalog für die Identifizierung <strong>der</strong><br />
för<strong>der</strong>ungswürdigen PGR eingearbeitet werden - und genau daran ist sowohl im Nationalen<br />
Fachprogramm wie in NRW gedacht - findet (so wurde oben argumentiert) eine missbräuchliche<br />
Verwertung historischer Informationen statt.<br />
Meiner Meinung aber schadet die Verwendung problematischer Argumente <strong>der</strong> Glaubwürdigkeit<br />
und dem sachlichen Gehalt eines Programmes; vielmehr noch: auf sie zu verzichten,<br />
eröffnet Argumentations- und Handlungsspielräume, die vorher nicht zugänglich waren o<strong>der</strong><br />
aber gar nicht wahrgenommen wurden - und womöglich for<strong>der</strong>t dieser Verzicht an<strong>der</strong>e Programme.<br />
Denn es sind nicht die Herkünfte, die die Vielfalt erhalten, es sind die Anbauer und<br />
Nutzer. Ich gebe unumwunden zu, dass dieser Satz polemisch ist. Aber er bringt dennoch<br />
die völlig verkehrte Perspektive solcher För<strong>der</strong>programme auf den Punkt, die sich auf die<br />
PGR als Objekte <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung konzentrieren. Denn die Entscheidung, was eine anbauwürdige<br />
PGR ist, muss Sache <strong>der</strong> Anbauer sein, und das Kriterium <strong>der</strong> För<strong>der</strong>würdigkeit <strong>der</strong><br />
Samenbau als Tätigkeit im Rahmen einer auf den gesamten Lebenszyklus <strong>der</strong> Pflanzen bezogenen<br />
Nutzung: Derjenige, <strong>der</strong> sich dieser Aufgabe widmet, sucht sich schon das Ma-<br />
and Evolution, Cambridge (Cambridge University Press) 1981: 182] see land races as balanced populations;<br />
genetic diversity in dynamic equilibrum with both environment and pathogens. The value of<br />
land races to the bree<strong>der</strong> lies in this evolving genetic diversity. A significant proportion of the variation<br />
available within certain crops is represented by land race material, in cultivation or in collections. These<br />
genepools will provide specific characters or gene combinations to breeding programs."<br />
Zur Geschichte des Begriffes "Landsorte" s. jetzt ZE<strong>VEN</strong> 1998.<br />
50 OETMANN (Red.) 2000.<br />
51 Erstellung eines Verzeichnisses <strong>der</strong> gegenwärtig in Deutschland kultivierten Pflanzenarten und <strong>der</strong>en<br />
infraspezifischer Taxa, so weit möglich mit Bezügen zu Anbauregion, Anbauumfang und vorrangiger<br />
Nutzungsform (z.B. Feldkultur, Hausgärten) im Nationalen Fachprogramm PGR.<br />
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