Küchenzubehör/Wasserfiltration Glaubenskrieg ums Wasser Von Dirk Biermann „Das Trinkwasser ist sauber“, beteuern Wasserversorger und die Politik. „Bloß kein ungefiltertes Leitungswasser trinken“, warnen die Kritiker. Wer sich dem Thema Wasserfiltration allzu unbedarft nähert, droht zwischen weltanschauliche Mühlsteine zu geraten. Das Thema polarisiert. Sich damit näher zu beschäftigen, kann dennoch lohnen: Immer mehr Verbraucher wollen Genuss und Sicherheit in der Wasserfrage. Wegen der Gesundheit, weil’s bequem ist, weil’s schick ist, weil’s schmeckt. Doch welches Filter- System ist das passende? Die Qualitätsunterschiede sind enorm, die Einsatzgebiete unterschiedlich. Und die Wartung ausgesprochen sensibel. 22 KÜCHENPLANER 9/<strong>2013</strong>
Dieser Beitrag verträgt keine einfachen Wahrheiten. Wer sich mit der Filtration von Wasser näher beschäftigt, tut gut daran, sich der menschlichen Fähigkeit zu erinnern, Sachverhalte differenziert betrachten zu können: Sich verschiedenen Sichtweisen zu öffnen, Argumente abzuwägen – und sich seine grundsätzliche Kritikfähigkeit zu bewahren, ohne in umfassendes Misstrauen abzurutschen. Das alles hört sich kompliziert an und das ist es durchaus. Wenn es um die Reinheit bzw. den Belastungsgrad des Trinkwassers geht, stoßen Weltanschauungen aufeinander. Gekämpft wird mit harten Bandagen. Denn der Markt ist lukrativ. Für Filterhersteller, für Mineralwasserproduzenten, für Wasserversorger. Um der Wahrheit näher zu kommen, kann man lange Abende auf einschlägigen Seiten im Internet verbringen und sich durchs Angebot auf Youtube klicken bis sich Hornhaut auf der Kuppe des rechten Zeigefingers bildet. Informiert fühlen wird man sich anschließend nur bedingt. Allzu häufig wird dramatisiert, polemisiert, pauschaliert, verängstigt, vereinfacht, abgewiegelt, aufgewiegelt, verunglimpft und unbewiesen behauptet. Je nach Interessenlage. Und das von vielen Seiten, auch von Verbraucherorganisationen und Testzeitschriften, die gemeinhin ein Image der Seriosität genießen. Wirtschaftliches Interesse hat viele Gesichter. Ihr Alltag als Küchenplaner ist kompliziert genug und Sie haben schon gar keine Lust mehr weiterzulesen? Geschweige denn, sich inhaltlich tiefer mit dieser Materie zu beschäftigen? Werfen Sie die Flinte nicht vorschnell ins Korn. Bleiben Sie dran – spannend ist das Thema Wasserfiltration allemal. Und näher am täglichen Leben als man vielleicht meint. Denn es ist unbestritten: Gesundheit und Ernährung zählen zu den prägenden gesellschaftlichen Themen unserer Zeit. Bereits heute – und in Zukunft erst recht. Die Gesundheitswelle holt gerade erst Atem. Die Qualität des Trinkwassers wird dabei eine zentrale Rolle einnehmen. Also ein Kompetenzthema für qualifizierte Küchenplaner. Zwischen Lifestyle und Notwendigkeit Im Kern geht es um die Fragen: Wie sauber ist unser Leitungswasser wirklich? Eignet es sich vorbehaltlos als Trinkwasser? Das ist wesentlich, denn wir haben in den letzten Jahren gelernt, dass wir alle viel mehr trinken müssen. Das sagt der Arzt, das schreibt der Fitness-Ratgeber, das predigen die Wellness- und Ernährungsexperten. Natürlich könnten wir noch mehr als ohnehin vom mehr oder weniger teuren Mineral-, Tafel- und Heilwasser aus den Getränkemärkten nach Hause schleppen – doch Kraneberger ist unschlagbar günstig. Das mag der Schnäppchenjäger in uns. Die für Premium, Lifestyle, Komfort und Gesundheit zuständigen Teile hingegen zweifeln immer häufiger. Aber es ist nicht allein der Zeitgeist, der uns an die Wasserhähne treibt. Über alle Moden hinaus bleibt Fakt: Die regelmäßige Flüssigkeitsaufnahme ist überlebensnotwendig. Länger als vier Tage ohne hielte der Mensch nicht aus. Reduziertes Kontrollfenster Die offiziellen Stellen der Wasserversorger beteuern unermüdlich die Top-Qualität ihres Produkts. Und auch die Politik sieht derzeit keinen Handlungsbedarf, etwas an den Rahmenbedingungen zu ändern. Jeder Tropfen der die Wasserwerke verlässt, sei schließlich mehrfach getestet, kontrolliert und bakteriologisch auf Hochglanz gebracht. In ganz Deutschland. Maßgebend ist die Trinkwasserverordnung, die verbindlich festlegt, welche Stoffe in welcher Konzentration im Wasser sein dürfen. Bis zu 100 Substanzen würden permanent überwacht. Das hört sich fürsorglich an und nährt das Image deutscher Gründlichkeit. Doch wenn man sich den Ausgangsstoff unseres Trinkwassers näher anschaut, merkt man schnell, dass strenge Kontrollen mehr als notwendig sind. Denn aufbereitet wird nicht allein munter vor sich hin sprudelndes Grundwasser oder kühles Nass aus blau schimmernden Seen - sondern auch vielfach belastetes Abwasser mit Einleitungen aus Unternehmen, Privathaushalten und der Landwirtschaft. Ausgeklügelte Filterdurchgänge, UV- Licht sowie die chemische Behandlung, beispielsweise mit Chlor oder Ozon, machen aus einer trüben Brühe klares Wasser, das per Flusseinleitung in den Kreislauf zurückgeführt wird. Das beeindruckt. Doch nicht jeden und schon gar nicht auf der ganzen Linie. Zahlreiche Kritiker würden die Trinkwasserverordnung lieber heute als morgen in Brauchwasserverordnung umwidmen und monieren: „Das Filter- und Prüfsystem in unseren Wasserwerken ist bei weitem nicht so ausgeklügelt, wie es sein sollte und wie es Wasserversorger und Politik beschwören.“ Für den Geschmack vieler Experten wird viel zu oberflächlich nach dem gefahndet, was nicht ins Wasser gehört. Bis zu 5000 Fremdstoffe seien im herkömmlichen deutschen Leitungswasser nachweisbar. Das sind deutlich mehr als die beobachteten 100. So viel steht rein rechnerisch schon mal fest. Den Kritikern geht es dabei zwar auch, aber gar nicht so sehr um die reine Quantität, sagen sie, sondern insbesondere um die Qualität mancher Fremdkörper. Arzneimittelreste im Wasser Ob fachkundig oder übermotiviert sendungsbewusst: Was viele Kritiker sorgt, sind zum Beispiel Arzneimittelreste wie Hormone, Antibiotika, Antidepressiva oder Antiepileptika. Selbst Reste von Kontrastmitteln seien bereits im aufbereiteten Wasser nachgewiesen worden. Diese Stoffe werden „von den Prüfroutinen in den Wasserwerken nicht erfasst, weil sie gar nicht in der Trinkwasserverordnung aufgeführt sind und es entsprechend keine Grenzwerte gibt“, heißt es. Das macht die Wasserüberwachung unkomplizierter aber nicht besser. Die Wasserversorger können zumindest wahrheitsgetreu berichten, dass sich alles, wonach sie zu suchen verpflichtet sind, in den gesetzlichen Grenzen hält. Was Kritiker wiederum für einen schlechten Witz halten. „Wonach man nicht sucht, kann man auch nicht finden“, sagt zum Bespiel Henning Bodach, der sich in den letzten Jahren intensiv mit dem Thema Wasserfiltration beschäftigt und die Redaktion bei der Recherche zu diesem Beitrag mit seinem Fachwissen unterstützt hat. Bodach ist Kenner des Küchenmarktes mit beruflichen Stationen bei Neckermann, Küchen-Quelle und dem Bauherren-Berater Voltküchen. 9/<strong>2013</strong> KÜCHENPLANER 23