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Süddeutscher Barock, Rokoko und Klassizismus in Vergangenheit und ...

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architecture" zu tun zu haben, sowohl von der Schönheit ("beauté") wie von der<br />

Grossrtigkeit ("grandeur"). Über den hohen Anspruch <strong>und</strong> die grosse Bedeutung des<br />

Vorhabens <strong>und</strong> des fertigen Baus gibt es bis heute ke<strong>in</strong>e gegenteilige Me<strong>in</strong>ung. Gerbert<br />

umriss am 20.1.1774 se<strong>in</strong>e Absichten so, dass er e<strong>in</strong>en dem "Dunst" (Aura, Nähe?, Wolke<br />

wie bei Salomon?) Gottes geziemenden Tempel ... <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er gueten" (dauerhaft <strong>und</strong><br />

anspruchsvollen) Architektur, bei der die "gewohnliche Auszierung" (aufwendige<br />

Stuckierung) unterbleiben möge". P. F<strong>in</strong>tan L<strong>in</strong>der hatte schon zu Beg<strong>in</strong>n am 13.12.1768<br />

auch noch nach heutigem Geschmack angemahnt <strong>und</strong> nach P. Moritz Ribbele wollte man<br />

e<strong>in</strong>e prächtige Kirche (vgl. Franz 1985, S. 248, Anm. 240). Die schon angeführte Kritik der<br />

professionellen Architekten wie des schweizerischen Anonymus (David Vogel) ist etwas zu<br />

weitgehend, da ke<strong>in</strong>e Kopie beabsichtigt war, <strong>und</strong> – wie gesagt - P. Paul Kettenacker 1793<br />

<strong>in</strong> den 'Gesta Mart<strong>in</strong>i II' (Schmieder 1929, S. 38) von e<strong>in</strong>em: "templum satis amplum et<br />

augustum <strong>in</strong> forma rot<strong>und</strong>a ad imitationem Vaticani Romae..." schreiben sollte. Auch aus<br />

Pigage's unausgeführtem 1000-Mängel-Katlog dürften gewisse statische <strong>und</strong> formale<br />

Details v.a. bei der Kuppel von grösserer Substanz gewesen se<strong>in</strong>. Pigages Zweifel an der<br />

Funktionsfähigkit <strong>und</strong> dem passenden Bautyp dürften gegenüber dem wohlüberlegten<br />

Liturgiekenner Gerbert nicht so sehr angebracht gewesen se<strong>in</strong>. Vom Gelände, den<br />

Klostertrakten <strong>und</strong> bestmöglicher Integration her war nur e<strong>in</strong> zentralisierter Bau möglich.<br />

Überdies erreichte man e<strong>in</strong>e Annäherung an den protestantischen Kirchenbau (z.B.<br />

Dresden, Frauenkirche), an antike Tempel <strong>und</strong> Grabmonumente u.ä.. Dazu kommt die<br />

schon geäusserte Auffassung von St. Blasien als e<strong>in</strong>em gerichteten Zentralbau <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er<br />

verkappten, reduzierten Basilika oder Kathedrale. Gewisse Probleme bereiteten die<br />

Plazierung von Hauptaltar <strong>und</strong> Kanzel(n). Auch hier entschied man sich für e<strong>in</strong>e Zwiefalten<br />

bis Wibl<strong>in</strong>gen vergleichbare Lösung unter Wegfall des Hochaltares: der Kreuzaltar wurde<br />

der Hauptaltar, die Kanzeln bef<strong>in</strong>den sich am Ende des Laienraumes. Die von Ribbele aus<br />

akustischen wie ästhetischen Gründen re<strong>in</strong> theoretisch erwogene Position der Kanzeln <strong>in</strong><br />

die Raummitte oder im Rot<strong>und</strong>enzentrum hätte wie e<strong>in</strong> Verkehrspolizistenpodest auf e<strong>in</strong>er<br />

Sternkreuzung gewirkt, aber der Prediger wäre als Hirte <strong>in</strong>mitten se<strong>in</strong>er Schafe gewesen.<br />

Zusätzlich hatte er noch den Segen von oben aus dem virtuellen Opaion bekommen.<br />

Selbst die entrückte Silbermann-Orgel wurde noch als akustisch ausreichend empf<strong>und</strong>en<br />

sicher ganz im S<strong>in</strong>ne des auf Mässigung bedachten Abt Gerbert: "Der Tempel Gottes<br />

(sollte ja nicht) zu e<strong>in</strong>er Schaubühne (Opernbühne wie <strong>in</strong> Zwiefalten) oder gar Tanzplatz<br />

(ge)macht werden" (Gerbert, Korr. II, 110). Der abgeschlossene Chorbereich markiert von<br />

der Konvention her eher e<strong>in</strong>e Klosterkirche. Hier zeigen sich Wibl<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Neresheim viel<br />

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