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Süddeutscher Barock, Rokoko und Klassizismus in Vergangenheit und ...

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'aufgeschlossener', moderner, aufgeklärter der Volksbeteiligung <strong>und</strong> Volksbekehrung<br />

gegenüber viel offener.<br />

Doch zurück zu den zeitgenössischen Äusserungen: im Jahre 1781 der provisorischen<br />

Weihe kamen He<strong>in</strong>rich Sander <strong>und</strong> Friedrich Nicolai beide jeweils nur für e<strong>in</strong>en Tag nach<br />

St. Blasien. Bei Sanders Besuch um Michaelis (29. September) war das Gerüst also bis<br />

auf zwei Etagen abgebaut. Sander sieht die Kirche als nach dem Muster von Santa Maria<br />

Rot<strong>und</strong>a <strong>in</strong> Rom <strong>und</strong> hält die viel stärker danach abhängige Hedwigskathedrale <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

im direkten Vergleich für sehr viel schwächer. Mit dem fast ausschliesslichen Weiss (noch<br />

ohne Kanzel-Altäre, da er sie nicht erwähnt) sieht Sander den re<strong>in</strong>sten, simpelsten<br />

Geschmack, Majestät <strong>und</strong> Würde fast ideal <strong>in</strong> dieser Kirche verwirklicht. Er würde <strong>in</strong> ihr<br />

sogar e<strong>in</strong>e Rede halten, sodass dieser Raum auch Profan-Solemnes für ihn ausstrahlt. Als<br />

e<strong>in</strong>er der ganz wenigen geht er auch <strong>in</strong>haltlich auf die beiden Gemälde Wenz<strong>in</strong>gers e<strong>in</strong>,<br />

wobei er <strong>in</strong> der Kuppel e<strong>in</strong>e 'Glorie' <strong>und</strong> lauter Heilige, die Benedikt besonders verehrte,<br />

sieht. Der als e<strong>in</strong>facher jüngerer Benedikt<strong>in</strong>er an der Brüstung wäre demnach Benedikt<br />

selbst. Ob der P. Oberrechner oder sogar der Abt, der Sander nachmittags führte, dies<br />

ihm so gesagt haben? Unter manchen (neuen) Schönheiten, die ihm der Abt zeigte, ist<br />

e<strong>in</strong>e Verste<strong>in</strong>erung e<strong>in</strong>es Ammoniten, die der Abt als Schönheit der Natur am<br />

Chore<strong>in</strong>gang an der Wand oder auf e<strong>in</strong>er Stufe hatte anbr<strong>in</strong>gen lassen. Vor dem "Thore"<br />

(Chore<strong>in</strong>gang) fiel ihm das erzene, "majestätische" Gitterwerk e<strong>in</strong>, das unglaublich viele<br />

(?) Verzierungen gehabt habe <strong>und</strong> ganz schwarz sogar ohne Vergoldungen gelassen<br />

worden wäre, ähnlich wie der Hauptaltar auf e<strong>in</strong>er (Märtyrer-) Tumba. Auch beim Chor fällt<br />

ihm der von Pigage kritisierte "Kranz" oder das Gesims aus Marmor auf, der ihn aber an<br />

Holz er<strong>in</strong>nere. Das Chorgestühl war noch nicht aufgebaut <strong>und</strong> befand sich <strong>in</strong> der<br />

Bildhauer- bzw. Schre<strong>in</strong>er-Werkstatt. Den Ton der Silbermann-Orgel hielt er für kostbar<br />

<strong>und</strong> herze<strong>in</strong>nehmend (was auch der Empf<strong>in</strong>dsamkeit dieser Zeit wohl etwas geschuldet<br />

gewesen se<strong>in</strong> dürfte). Ausser der F<strong>und</strong>amentierung auf den blossen Felsen fiel Sander<br />

noch der bedeutsame Wechsel der Säulenordnungen auf. Weitere Überlegungen machte<br />

sich Sander aber nicht.<br />

Viel bedeutsamer <strong>und</strong> auch etwas tiefer gehend ist das Urteil des Berl<strong>in</strong>er aufgeklärten<br />

Verlegers <strong>und</strong> Literaten Friedrich Nicolai (1733-1811), der sich am 25. Juli 1781 <strong>in</strong> St.<br />

Blasien aufhielt. Der Besuch hatte auf ihn e<strong>in</strong>en bleibenden E<strong>in</strong>druck gemacht <strong>und</strong> sicher<br />

nach Tagebuchnotizen zu längeren Passagen <strong>in</strong>spiriert. In dem schon 1784 erschienenen<br />

III. Band se<strong>in</strong>er Reisebeschreibungen erwähnt er auf S. 43 schon e<strong>in</strong>mal kurz das "bei<br />

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