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Süddeutscher Barock, Rokoko und Klassizismus in Vergangenheit und ...

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<strong>und</strong> die E<strong>in</strong>schätzung Nicolais ist Karns H<strong>in</strong>weis auf Palladio <strong>und</strong> dessen gedankliche<br />

Verb<strong>in</strong>dung von R<strong>und</strong>bau, auch Kolonnadenfolgen mit der R<strong>und</strong>gestalt der Welt, der<br />

Unendlichkeit, Ewigkeit, aber auch Orientierungslosigkeit. Aber auch hier wissen wir nicht,<br />

ob <strong>in</strong> diesem r<strong>und</strong>en Gotteshaus Abt. Mart<strong>in</strong> II solche Stimmungen, Gefühle erzeugt sehen<br />

wollte. Die E<strong>in</strong>fachheit oder Simplizität erklärt sich auch durch die z.B. 1770 <strong>in</strong> Bayern<br />

verordnete Sparsamkeit, den Geschmackswandel, den Überdruss an der Rocaille u.a.,<br />

aber auch aus e<strong>in</strong>em Wunsche nach Monumentalität, Grösse <strong>und</strong> Ruhe (Andacht). Der<br />

letzte grössere Abschnitt des Karn-Aufsatzes ist der E<strong>in</strong>schätzung St. Blasien auf se<strong>in</strong>e<br />

Fortschrittlichkeit h<strong>in</strong> gewidmet. Der Autor me<strong>in</strong>t, dass v.a. die von Nicolai gerügten<br />

Deckenbilder dem "naiv-emotionalen" <strong>Barock</strong> verhaftet seien, <strong>und</strong> dass der Abt sich<br />

dessen voll bewusst gewesen sei, <strong>und</strong> Karn fragt sich zu Recht, was ihn dazu bewogen<br />

haben könnte, diese (vielleicht etwas zerstreuenden?) Gemälde malen zu lassen. Die<br />

Antwort aus e<strong>in</strong>er teilweise falschen Prämisse, die Karn zu geben versucht, lautet:<br />

(konservativer) Tribut an die benedikt<strong>in</strong>ische Tradition - e<strong>in</strong>e zu e<strong>in</strong>fache Erklärung.<br />

Ausser dem Tod des Benedikt' gibt es ke<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>weis auf den Ordensgründer, ke<strong>in</strong> Altar<br />

ist ihm geweiht, ke<strong>in</strong>e Inschrift aus se<strong>in</strong>en Regeln, o.a ist zu entdecken... .<br />

St Blasien abschliessend bleiben immer noch mehr Fragen als Antworten: Waren die<br />

Decken-Wand-Bilder nur (dekoratives) Füllsel?, wohl nicht?. Warum hat Abt Gerbert nicht<br />

statt dem aber sicher nicht syllogistisch konstruierten Kuppelbild e<strong>in</strong> rhetorisch völlig<br />

unverklausuliertes, vielleicht perspektivisches Kreuz <strong>in</strong> den aufgeräumten Himmel hat<br />

malen lassen?. Wenn der Benedikt<strong>in</strong>er an der Brüstung F<strong>in</strong>tan darstellt, wäre noch e<strong>in</strong>mal<br />

so etwas wie die Gründungsgeschichte St. Blasiens <strong>und</strong> e<strong>in</strong> 'Verweis auf sich selbst' <strong>und</strong><br />

auch e<strong>in</strong> Verweis des Betrachters, Gläubigen nach oben angedeutet. E<strong>in</strong>en Verweis auf<br />

se<strong>in</strong>e eigene Person hat Abt Mart<strong>in</strong> II nicht gewünscht. Das Gebäude <strong>und</strong> zeitweise auch<br />

das wohl von L. Bossi stammende Stuckreliefprofilbildnis sprachen <strong>und</strong> sprechen für ihn<br />

(auch so). Es erstaunt, dass <strong>in</strong> dem Gebäude e<strong>in</strong>es historisch denkenden Auftraggebers<br />

kaum Historizismen zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d. Das Volksnahe, Erzieherische (vgl Wibl<strong>in</strong>gen <strong>und</strong><br />

Neresheim), auch das Empf<strong>in</strong>dsame fehlt weitgehend <strong>in</strong> der Rot<strong>und</strong>e. Das visuell-<br />

künstlerische Interesse des vielbeschäftigten Historikers, Theologen <strong>und</strong> Herrschers sollte<br />

nicht zu hoch angesetzt werden. Neben se<strong>in</strong>er Aufgeklärtheit ist se<strong>in</strong> Festhalten z.B. am<br />

Reliquienkult zu sehen. Aus dem hier Vorgebrachten dürfte es sich gezeigt haben, dass<br />

nach dem Ausscheiden der regulären Architekten v.a. Dixnard <strong>und</strong> Pigage der moderne, ja<br />

für den Sakralbau fast revolutionäre französisch-klassizistische E<strong>in</strong>fluss spürbar nachlässt<br />

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