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3.3.1 Sieben Merkmale der Novelle - Theses

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2.2.3 <strong>Sieben</strong> <strong>Merkmale</strong> <strong>der</strong> <strong>Novelle</strong><br />

Die jahrhun<strong>der</strong>telange Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> literarischen Gattung <strong>der</strong><br />

<strong>Novelle</strong> hat dazu geführt, dass sich aus den verschiedenen Ansätzen, Ansichten und<br />

Definitionsversuchen einige <strong>Merkmale</strong> herauskristallisierten, die man in <strong>der</strong><br />

gegenwärtigen Forschung als sieben <strong>Merkmale</strong> <strong>der</strong> <strong>Novelle</strong> bezeichnet. 41 Um eine<br />

<strong>Novelle</strong> von an<strong>der</strong>en Gattungen abzugrenzen, bedient man sich dieser Kriterien, wobei<br />

nicht alle gleich wichtig sind und nicht alle in einer <strong>Novelle</strong> vorkommen müssen. Die<br />

sieben <strong>Merkmale</strong> <strong>der</strong> <strong>Novelle</strong> sind „unerhörte Begebenheit“, Wendepunkt, Dingsymbol,<br />

Leitmotiv, ein Handlungsstrang, Rahmen und Binnengeschichte und Pointe.<br />

Der Begriff „unerhörte Begebenheit“ stammt von Goethe. Eine vage Vorstellung<br />

gab es jedoch schon früher, zum Beispiel bei Friedrich Schlegel („etwas objektiv<br />

Merkwürdiges und allgemein Interessantes“ 42 ). Die „unerhörte Begebenheit“ ist etwas<br />

Beson<strong>der</strong>es, Außergewöhnliches, Unerwartetes; sie bildet den Mittelpunkt des<br />

Geschehens – man vergleiche dies mit <strong>der</strong> Herkunft des Wortes <strong>Novelle</strong> – etwas Neues.<br />

Die Einführung des Wendepunktes als Kriterium wird Ludwig Tieck<br />

zugeschrieben. Der allererste, <strong>der</strong> diesen Ausdruck benutzte, war aber August Wilhelm<br />

Schlegel. Während er den Wendepunkt für eine, mit dem Drama ähnliche Charakteristik<br />

hält, ist es für Tieck ein Mittel auf den Leser einen tiefen Eindruck zu machen:<br />

Diese Wendung <strong>der</strong> Geschichte, dieser Punkt, von welchem aus sie sich<br />

unerwartet völlig umkehrt, und doch natürlich, dem Charakter und den<br />

Umständen angemessen, die Folge entwickelt, wird sich <strong>der</strong> Phantasie des<br />

Lesers um so fester einprägen, als die Sache, selbst im Wun<strong>der</strong>baren, unter<br />

an<strong>der</strong>n [sic!] Umständen wie<strong>der</strong> alltäglich sein könnte. 43<br />

Der Wendepunkt geht sehr oft Hand in Hand mit dem Dingsymbol. Das<br />

Dingsymbol ist meistens etwas Greifbares; es ist „a concrete object or, more rarely, a<br />

living being, organic part of the story” 44 . Es ist also ein Gegenstand (o<strong>der</strong> seltener ein<br />

Tier), <strong>der</strong> in <strong>der</strong> <strong>Novelle</strong> durchgehend erwähnt wird und eine symbolische Bedeutung hat.<br />

41 Diese „Theorie <strong>der</strong> <strong>Novelle</strong>“ wird in <strong>der</strong> Vorlesung „Einführung in die Literaturwissenschaft“ von Mgr.<br />

Petra Knápková, PhD. und Doc. Jörg Krappmann, PhD. auf dem Lehrstuhl für Germanistik, Olomouc<br />

unterrichtet.<br />

42 Friedrich Schlegel, S. 16.<br />

43 Ludwig Tieck, „Vorbericht zur dritten Lieferung <strong>der</strong> ‚Schriften’ (1829)“, Theorie <strong>der</strong> <strong>Novelle</strong>, Herbert<br />

Krämer (Hrsg.) (Stuttgart: Reclam, 2005) S. 24-27. Hier S. 25.<br />

44 Henry Remal, Structural Elements of the German Novella from Goethe to Thomas Mann (New York:<br />

Peter Lang, 2001) S. 188.<br />

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