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3.3.1 Sieben Merkmale der Novelle - Theses

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für das Geschehene gibt (zum Beispiel es war nur ein Traum). Das Wun<strong>der</strong>bare ist dann<br />

ein Zulassen „neuer“ Naturgesetze (zum Beispiel dass die Rückkehr <strong>der</strong> Toten möglich<br />

ist). Nur das Schwanken zwischen beiden Standpunkten ist ein Merkmal <strong>der</strong><br />

phantastischen Literatur – sobald man sich nämlich für eine <strong>der</strong> beiden Möglichkeiten<br />

entscheidet, handelt es sich um keine phantastische Literatur mehr.<br />

Es gibt natürlich viele an<strong>der</strong>e Theorien bzw. „Subtheorien“ in jedem <strong>der</strong> zwei<br />

großen Bereiche. Sie werden bei Durst aufgezählt und auch erläutert. 50<br />

2.3.1 Die „gotische“ Tradition im englischen Sprachraum<br />

Was die anglo-amerikanische Literatur angeht, ist es notwendig zu bemerken, dass<br />

die „Gothic novel“ (in deutscher Terminologie <strong>der</strong> Schauerroman) eine wichtige Rolle<br />

spielt. Das, was das „Gotische” in seinen Anfängen charakterisiert, ist „an emphasis on<br />

portraying the terrifying, a common insistence on archaic settings, a prominent use of the<br />

supernatural, the presence of highly stereotyped characters and the attempt to deploy and<br />

perfect techniques of literary suspense“ 51 . Diese <strong>Merkmale</strong>, die eben für Werke wie The<br />

Mysteries of Udolpho von Ann Radcliffe o<strong>der</strong> The Castle of Otranto von Horace Walpole,<br />

die in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts am Anfang dieser Tradition standen, haben<br />

sich im Laufe <strong>der</strong> Jahre verwandelt. Man hat dann keine „Gothic novels“ mehr<br />

geschrieben, aber die Tradition des Gotischen dauerte fort.<br />

Das „Gotische“ hat sich insofern verän<strong>der</strong>t, als dass man nicht mehr großen Wert<br />

auf die äußerlichen Schrecken in Form umherwandelnden Geister und Ähnliches, son<strong>der</strong>n<br />

auf die inneren, die psychischen, gelegt hat. Als Beispiel könnten The Strange Case of Dr.<br />

Jekyll and Mr. Hyde von Robert Louis Stevenson o<strong>der</strong> The Picture of Dorian Gray von<br />

Oscar Wilde dienen. Das ist auch gleichzeitig <strong>der</strong> Hauptunterschied zwischen <strong>der</strong><br />

englischen und <strong>der</strong> amerikanischen „gotischen“ Literatur – während in England bis zur<br />

Hälfte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts überwiegend die ursprünglichen „Gothic novels“ (mit<br />

Schlössern, Geistern, lebendigen Portraits usw.) geschrieben wurden, konzentrierte man<br />

sich in den USA eher auf die Psyche, was man bei Edgar Allan Poe o<strong>der</strong> Nathaniel<br />

Hawthorne deutlich sehen kann. 52 Später sind die beiden Tendenzen mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

verschmolzen.<br />

50<br />

Siehe Durst, Theorie <strong>der</strong> phantastischen Literatur, S. 17-69.<br />

51<br />

David Punter, The Literature of Terror: A History of Gothic Fictions from 1765 to the Present Day<br />

(London and New York: Longman, 1996) S. 1.<br />

52<br />

In den USA hat sich später das sog. „Southern Gothic“ Genre entwickelt.<br />

15

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