3.3.1 Sieben Merkmale der Novelle - Theses
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daß du <strong>der</strong> Künstler bist!’“ 168 Aus diesem Grund ist ihr zufälliges Treffen in <strong>der</strong><br />
Ausstellungshalle umso wichtiger, aber auch rätselhafter.<br />
Die Skulptur wird nach dem zweiten erlösenden Treffen nicht mehr erwähnt. Auch<br />
wenn Maria für Franz ohnehin Psyche bleibt, übt die Statue keinen Einfluss mehr auf sie.<br />
Franz nennt Maria weiterhin Psyche und betrachtet sie als seine Inspiration, die ihn und<br />
auch seine Werke am Leben erhalten wird. 169<br />
3.4.5 Diana und Psyche – ähnlich und doch unterschiedlich<br />
In <strong>der</strong> <strong>Novelle</strong> Die zürnende Diana (1868) von Ludwig Anzengruber findet man<br />
ein ähnliches Thema wie in Psyche (1875). Eugenie, ein junges, adeliges Mädchen, wird<br />
beim Baden von einem Maler beobachtet, <strong>der</strong> dann ein Bild mit dem Titel „Diana im<br />
Bade“ malt. Das Bild ist so realistisch und wirklichkeitstreu gemalt, dass alle sofort<br />
erkennen, um wen es sich handelt. Eugenie ist zutiefst beschämt und will, dass <strong>der</strong> Maler<br />
stirbt. Ihr Onkel, Verehrer und Cousin for<strong>der</strong>n ihn zum Duell auf. Die ersten zwei<br />
schießen absichtlich daneben, <strong>der</strong> Cousin tötet ihn. Der Maler stirbt in Eugenies Armen,<br />
wobei sie ihm ihre Liebe erklärt. In Anzengrubers <strong>Novelle</strong> gibt es jedoch nichts, was man<br />
als etwas Übernatürliches o<strong>der</strong> eine „Grenzsituation“ bezeichnen könnte, denn im Text<br />
wird alles erklärt.<br />
Zwischen <strong>der</strong> Fabel <strong>der</strong> <strong>Novelle</strong> Die zürnende Diana und <strong>der</strong> Fabel <strong>der</strong><br />
griechischen Sage über Aktäon 170 gibt es eine deutliche Parallele. In <strong>der</strong> Sage sieht<br />
Aktäon Artemis baden, was die Göttin zutiefst beschämt, weswegen sie Aktäon in einen<br />
Hirsch verwandelt. Er wird bald danach von den eigenen Hunden gehetzt und von seinen<br />
Jagdgenossen erlegt. Eugenie, <strong>der</strong>en nacktes Bild ausgestellt wird, hetzt ihre zwei<br />
Verwandte und einen Verehrer gegen den Maler. Der einzige Unterschied besteht darin,<br />
dass Eugenie schließlich nach dem Tod des Malers um ihn trauert, weil sie sich dessen<br />
bewusst wird, dass sie ihn liebt. Die Göttin empfindet keine Reue.<br />
Genau wie Maria für Franz eine Gestalt aus <strong>der</strong> antiken Mythologie darstellt, setzt<br />
Robert Hegeling Eugenie mit Diana, <strong>der</strong> Göttin <strong>der</strong> Jagd, gleich. Beide Mädchen sind<br />
blond, hübsch und haben eine helle Haut. Die Künstler sehen in ihnen ein antikes Ideal<br />
<strong>der</strong> Schönheit. Sie nennen sie nicht mit ihren tatsächlichen Namen (Maria und Eugenie),<br />
son<strong>der</strong>n nur mit den antiken Namen: „Die Duellanten sahen den Maler fallen; ehe sie<br />
168 Ebd. S. 38.<br />
169 Siehe Zitat auf S. 38, Fußnote Nr. 151.<br />
170 Gustav Schwab, „Aktäon“, Sagen des klassischen Altertums, gutenberg.spiegel.de, 4. August 2010<br />
. Die<br />
griechischen Sagen waren allgemein bekannt.<br />
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