3.3.1 Sieben Merkmale der Novelle - Theses
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keine vollwertige Liebe ist, son<strong>der</strong>n ein Sklave-Herr-Verhältnis: „[…] sie ist nicht viel<br />
an<strong>der</strong>s dein, als eine schöne Sklavin dem Großherrn gehört“ 211 .<br />
Seine Entscheidung bedauert er bald, vor allem deshalb, weil er sich in Cecil<br />
verliebt hat und nicht weiß, wie er die „Beziehung“ mit Virginie beenden soll. Die Schuld<br />
dafür, dass es so weit kam, liegt nicht nur bei Virginie, son<strong>der</strong>n auch bei Archibald. Für<br />
ihn war es ein Abenteuer, eine kleiner Zwischenfall, dessen Reiz nach <strong>der</strong> ersten<br />
Begegnung verflogen war. Auch wenn er versucht, ihr klar zu sagen, dass er von ihr<br />
nichts will, ist er nicht imstande, sich von ihr zu lösen. Vielleicht ist es auch Mitleid, das<br />
eine große Rolle spielt. Auf jeden Fall ist er unfähig, Virginie zu gestehen, dass das Bild,<br />
welches sie ihn anschauen sah, nicht ein Bildnis seiner Schwester, son<strong>der</strong>n eines<br />
Mädchens ist, in das er sich verliebte. Er zieht seine eigene Ruhe und sein eigenes Glück<br />
<strong>der</strong> Ehrlichkeit vor und flüchtet, ohne ihr die Wahrheit zu sagen.<br />
Sein Zwiespalt dauert an – einerseits will er sich von ihr trennen, an<strong>der</strong>erseits<br />
schmeichelt ihm, dass sie ihn so vergöttert und nur für ihn da sein will: „Und doch, wie<br />
sollte ich es übers Herz bringen, mich von ihr zu trennen, da sie nur für mich zu leben<br />
schien?“ 212 Aus diesem Grund entscheidet er sich, einfach wegzugehen, ohne dass sie es<br />
weiß und argumentiert damit, dass er es ihr leichter machen wollte. In Wirklichkeit wollte<br />
er aber nur seine eigene Lage vereinfachen, weil sie keine Mitsprachemöglichkeit hatte.<br />
Lebendig trifft er sie nicht wie<strong>der</strong>. Erst in <strong>der</strong> Nacht, in <strong>der</strong> sie stirbt, erscheint sie ihm<br />
und es gelingt ihr wie<strong>der</strong>, ihn zu beeinflussen. 213<br />
4.1.4 Archibalds Schwäche und Schuldgefühle<br />
Ohne Zweifel ist es auch Archibalds Schwäche, durch die er in die unerwünschte<br />
Situation gerät. Es wird mehrmals angedeutet, dass er „die Neigung zu dem wun<strong>der</strong>baren<br />
Traumwesen, das mir jedes Mal verführerischer vorkam“ 214 , nicht aufgeben kann. Darin<br />
liegt die Ursache seines späteren Scheiterns – wenn er gleich am Anfang imstande<br />
gewesen wäre, das Mädchen einfach zu ignorieren o<strong>der</strong> ihren Einflussbereich zu<br />
verlassen, wäre es nie so weit gekommen, dass ihn die Schuldgefühle beinahe zu Grunde<br />
richten.<br />
211<br />
Ebd. S. 175.<br />
212<br />
Ebd. S. 176.<br />
213<br />
Für Details siehe Kapitel 4.1.6.3.<br />
214<br />
Ebd. S. 173.<br />
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