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3.3.1 Sieben Merkmale der Novelle - Theses

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zweite Vorfall ist die Reise des Grafen mit seinem Sohn nach Wien, um eine neue Mutter<br />

für den Sohn zu suchen: „Und so, als wie<strong>der</strong> einmal <strong>der</strong> Mai gekommen war, wurde das<br />

Reisezeug gerüstet, und <strong>der</strong> Graf zog mit seinem Knaben, von stattlicher Dienerschaft<br />

begleitet, nach <strong>der</strong> großen Stadt Wien.“ 102<br />

Auch das doppelte Erscheinen des Kauzes unmittelbar vor dem Tod <strong>der</strong> beiden<br />

Jungen ist alles an<strong>der</strong>e als ein Zufall: „‚Sie [die Vögel] beschreien den Kauz; dort sitzt er,<br />

neben dem Astloch in <strong>der</strong> Eiche.’ […] ‚Ich seh’ ihn schon, Mutter,’ sagte er [Wolf]; ‚das<br />

ist <strong>der</strong> Totenvogel; er schrie vor meinem Fenster, als <strong>der</strong> arme Kuno starb.’“ 103 Das<br />

Nächste, was zweimal geschieht, ist <strong>der</strong> Tod <strong>der</strong> beiden Jungen in demselben Zimmer.<br />

Der Rahmen ist mit <strong>der</strong> Binnengeschichte durch das „Spiegeln“ verknüpft. Viele<br />

Figuren, die in <strong>der</strong> Binnengeschichte vorkommen, haben ihr Gegenüber im Rahmen. Den<br />

Kuno aus dem Rahmen kann man als eine „Kopie“ des Kunos aus <strong>der</strong> Binnengeschichte<br />

sehen. Die Gräfin aus dem Rahmen, als sie feststellt, dass sie schwanger ist, verspricht,<br />

dass ihr Kind Wolf heißen wird: „‚Wolf soll es heißen, wenn es ein Knabe ist; Wolf und<br />

Kuno!’ flüsterte sie leise.“ 104 Und so hat auch Wolf aus <strong>der</strong> Binnengeschichte im Rahmen<br />

sein Spiegelbild. Die beiden Grafen (aus dem Rahmen und aus <strong>der</strong> Binnengeschichte)<br />

könnten auch als Gegenüber klassifiziert werden. Sogar zwischen den Dienern gibt es<br />

eine Parallele. Die Amme aus dem Rahmen wird durch ihr Benehmen und ihre Loyalität<br />

zum Abbild des Hausmeisters aus <strong>der</strong> Binnengeschichte. Es ist interessant, dass die<br />

Gräfin aus dem Rahmen zwei Spiegelbil<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Binnengeschichte hat – ein positives<br />

und ein negatives. Einerseits die gute Gräfin, die ihr in vielen Hinsichten sehr ähnlich ist,<br />

aber an<strong>der</strong>erseits auch die schöne Gräfin, weil diese ihre Urahnin ist.<br />

Nicht nur die Spiegelbil<strong>der</strong> fast aller Personen, son<strong>der</strong>n auch ein Ereignis<br />

verbindet den Rahmen mit <strong>der</strong> Binnengeschichte. Es ist die Entdeckung <strong>der</strong><br />

Schwangerschaft durch das Erblicken des Kindes im Spiegel des Cyprianus. Die gute<br />

Gräfin sowie die Gräfin aus dem Rahmen erkennen durch den Blick in den Spiegel<br />

heraus, dass sie schwanger sind, und das Bild, das sie im Spiegel sehen, ist gleich: „Die<br />

Gräfin aber stand und blickte selig lächelnd in den Spiegel. Auf seiner Fläche schwamm<br />

wie Duft ein Rosenwölkchen, und deutlich schimmerte ein schlummerndes<br />

Kin<strong>der</strong>antlitz.“ 105<br />

102 Ebd. S. 50.<br />

103 Ebd. S. 60.<br />

104 Ebd. S. 67.<br />

105 Ebd. S. 67. Vgl. auch Zitat auf S. 25, Fußnote Nr. 96.<br />

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