3.3.1 Sieben Merkmale der Novelle - Theses
3.3.1 Sieben Merkmale der Novelle - Theses
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Es gibt einen Rahmen und mindestens eine Binnengeschichte. Den Rahmen bildet<br />
<strong>der</strong> ungefähr zwei o<strong>der</strong> drei Wochen lange Aufenthalt von Frau Hermine, ihren Kin<strong>der</strong>n<br />
und ihren Freundin mit ihrer Tochter am See. Die Binnengeschichte ist Frau Hermines<br />
Erzählen vom letzten Sommer, den sie an <strong>der</strong> See verbrachte und Frank kennen lernte.<br />
Als sie fast am Ende ihres Erzählens ist, kommt Frank selbst mit ihrem Sohn Max. Franks<br />
Erzählen von seinem Erlebnis in <strong>der</strong> Nacht könnte man auch als eine Binnengeschichte<br />
bezeichnen.<br />
Ein einheitlicher Handlungsstrang ist gleichfalls vorhanden. Am Anfang berichtet<br />
Frau Hermine ihrer Freundin Cornelia, die mit ihrer Tochter in ihrem Haus am See zu<br />
Besuch ist, von den Ereignissen des letzten Sommers und eigentlich des letzten Jahres. Im<br />
letzten Sommer war sie am Meer in Scheveningen und traf da einen jungen Mann, <strong>der</strong><br />
sehr traurig wirkte. Sie war mit ihm mehrmals spazieren und als ihre Kin<strong>der</strong> sie<br />
besuchten, verbrachten alle vier schöne Stunden zusammen. Es schien sogar, dass ihm<br />
Lilli, die Tochter von Frau Hermine, gefällt und dass es vielleicht „zu einer raschen und<br />
glücklichen Entscheidung“ 312 kommen könnte. Als die Kin<strong>der</strong> aber erwähnten, dass sie<br />
ein Haus am See besitzen, verschwand er plötzlich. Im Nachhinein stellte Frau Hermine<br />
fest, dass seine Schwester im See ertrank. In dem Augenblick, in dem sie ihrer Freundin<br />
erzählt, dass er wie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Stadt ist und sie besuchen will, kommt er mit Max. Am<br />
Abend singt Lilli und Louison, die Tochter von Frau Cornelia, liest ein Gedicht vor über<br />
eine Ertrunkene, die unter <strong>der</strong> Eisfläche zu sehen ist. Das erschreckt aber Frank, er flieht<br />
zum See und wird von Frau Hermine getröstet. Gegen Mitternacht glaubt er ein Seeweib<br />
mit zwei Kin<strong>der</strong>n und seine Schwester im Zimmer zu sehen. Frau Hermine tröstet und<br />
beruhigt ihn erneut. Er will am Morgen wie<strong>der</strong> verschwinden, trifft aber Lilli, die ihm ihre<br />
Liebe gesteht und er bleibt. Er verän<strong>der</strong>t sich, ist heiterer und verlobt sich mit Lilli. Als<br />
sie Adressen für Verlobungskarten schreibt, geht er mit Max in den See baden, versinkt<br />
und wird nie wie<strong>der</strong> gefunden.<br />
In Das Seeweib (1875) findet man drei Wendepunkte. Der erste ist die Erwähnung<br />
des Hauses am See. Als ihn Frau Hermine das erste Mal trifft, ist er sehr verschlossen und<br />
unglücklich. Durch ihr Wirken und das Wirken ihrer herzlichen Kin<strong>der</strong> verbessert sich<br />
teilweise seine Stimmung, auch wenn keiner von ihnen ahnt, wodurch seine Traurigkeit<br />
verursacht wird. Die Beziehung zwischen ihm und Lilli wird aber inniger und es scheint<br />
sogar, dass sie sich verloben könnten. In einem Gespräch erwähnen Max und Lilli, dass<br />
sie ein Haus am Ufer des Sees besitzen und dass er sie da unbedingt besuchen muss.<br />
312 Paul Heyse, Das Seeweib, Gesammelte Werke von Paul Heyse, Neue Serie, <strong>Novelle</strong>n VII., 6. Band<br />
(Berlin: Verlag von Wilhelm Hertz, 1882) S. 201-237. Hier S. 209.<br />
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