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3.3.1 Sieben Merkmale der Novelle - Theses

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schöne Gräfin dieselbe Wunde auf dem Körper ihres Sohnes sieht, welche sie auch auf<br />

Kunos Körper gesehen hat, schließt sie daraus, dass Hager auch Wolf getötet hat. Am<br />

nächsten Tag wird sie nach einem heftigen Streit mit Hager von ihm erschlagen.<br />

Hagers Äußeres erinnert an den Tod, <strong>der</strong> bekannterweise oft als ein hagerer,<br />

knochiger Mann beschrieben wird. Alles An<strong>der</strong>e, was während seiner Anwesenheit<br />

passiert, weist aber darauf hin, dass Hager eher den Teufel repräsentiert. Hager<br />

interessiert sich fürs Weidwerk wie <strong>der</strong> Graf und sie jagen oft miteinan<strong>der</strong>. Aber auch<br />

nach dem Tod des Grafen nimmt er sehr oft an Hatzen teil. Das ist auch <strong>der</strong> Grund,<br />

warum ihn die schöne Gräfin nach Wolfs Tod nicht finden kann und die fatale<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung erst am nächsten Tag stattfindet. Man denke an verschiedene<br />

Märchen und Sagen, in denen <strong>der</strong> Teufel in <strong>der</strong> Gestalt eines Jägers erscheint.<br />

Die Vereinbarung <strong>der</strong> schönen Gräfin mit Hager erinnert an einen Pakt mit dem<br />

Teufel. Er bringt ihre geheimen Gedanken zum Ausdruck, beteuert ihr, dass er ihr<br />

„treuergebener Knecht“ 127 ist und versichert ihr, dass er ihr hilft, Kuno loszuwerden. Er<br />

will aber auch wissen, was sie ihm dafür gibt. Ihr unausgesprochenes Versprechen merkt<br />

er sich sehr wohl, wartet auf nichts und erfüllt den Auftrag. Dann geht er sich die<br />

Belohnung holen, aber die Gräfin ist nicht bereit und wehrt sich. Und wie bei jedem Pakt<br />

mit dem Teufel verliert sie die Kontrolle über das Geschehen und wird nach einem<br />

heftigen Streit erschlagen.<br />

3.3.7 Religion und Aberglaube<br />

Bereits am Anfang, als die Amme von armen Leuten erzählt, die viele Kin<strong>der</strong><br />

haben, kommt die erste beinahe blasphemische Aussage: „‚Den Reichen fehlt’s; und die<br />

Armen wünschen oft vergebens, daß sie von ihrem Häuflein ein Englein o<strong>der</strong> zwei im<br />

Himmel hätten, die droben für die beten könnten.’“ 128 Für einen Gläubigen ist ein Kind<br />

ein Geschenk Gottes und deshalb darf man sich gar nicht so etwas wünschen, weil es<br />

Gotteslästerung wäre. Gott ist allwissend und auch wenn <strong>der</strong> Mensch nicht immer seine<br />

Entscheidungen verstehen und nachvollziehen kann, muss er sie respektieren.<br />

Interessanterweise ist es gerade das Treffen mit einer „Heidin“, das <strong>der</strong> guten<br />

Gräfin zum Spiegel des Cyprianus verhilft. Cyprianus ahnt, dass etwas zwischen den<br />

Eheleuten nicht in Ordnung ist, er traut sich aber nicht zu fragen. Erst nachdem er „ein<br />

127 Ebd. S. 57.<br />

128 Ebd. S. 43.<br />

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