3.3.1 Sieben Merkmale der Novelle - Theses
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immer behaupten kann, dass es Gottes Entscheidung war, die einen viel höheren Status<br />
hat als die Vernunft aller Menschen. Es wird also auch gar nicht hinterfragt, wieso die<br />
gute Gräfin so bald nach Kunos Geburt stirbt, wieso sich die Eigenschaften des Spiegels<br />
verwandeln und erst von den Nachkommen <strong>der</strong> schönen Gräfin alles in Ordnung gebracht<br />
werden kann. Man nimmt es einfach als Schicksal hin, ohne sich großartig Gedanken<br />
darüber zu machen, warum es so ist, denn die einzige Erklärung ist die Unergründlichkeit<br />
Gottes.<br />
3.4 Psyche<br />
3.4.1 <strong>Sieben</strong> <strong>Merkmale</strong> <strong>der</strong> <strong>Novelle</strong><br />
Die Handlung <strong>der</strong> <strong>Novelle</strong> ist einheitlich. Maria wird beim Baden im stürmischen<br />
Meer von Franz gerettet, will aber gar nichts von ihrem Retter wissen und verlangt, dass<br />
auch ihre Mutter von <strong>der</strong> Rettung nichts erfährt. Franz, durch dieses Erlebnis inspiriert,<br />
schafft eine Marmorstatue, die einen jungen Wassergott darstellt, <strong>der</strong> Psyche aus den<br />
Wellen rettet. Die Statue wirkt lebensecht, aus Maria scheint dagegen das Leben teilweise<br />
gewichen zu sein. Als sie sich die Statue anschaut, trifft sie Franz und sie werden ein<br />
Paar. Das Ganze geschieht ungefähr binnen einem Jahr.<br />
In dieser <strong>Novelle</strong> gibt es keinen Rahmen und keine Binnengeschichte im wahrsten<br />
Sinne des Wortes, wie zum Beispiel in Der Spiegel des Cyprianus. Aber das, was das<br />
ganze Geschehen für eine kurze Zeit unterbricht und für eine kleine Binnengeschichte<br />
gehalten werden könnte, ist die Geschichte von Marias Mutter, die Kathi Maria erzählt,<br />
um sie abzulenken. Diese kurze Binnengeschichte übt jedoch auf das Hauptgeschehen<br />
keinen großen Einfluss aus. Sie ist in erster Linie als Vergleich des Charakters von Maria<br />
und ihrer Mutter gedacht.<br />
Insgesamt lassen sich drei Wendepunkte bestimmen. Der erste Wendepunkt ist die<br />
Rettung von Maria durch Franz. Maria geht baden, auch wenn die See sehr stürmisch ist,<br />
und ertrinkt dabei fast. Franz rettet sie, aber aus einem unbekannten Grund interessieren<br />
sie sich überhaupt nicht für den an<strong>der</strong>en. Je<strong>der</strong> <strong>der</strong> beiden bittet seine Begleitung, über<br />
dieses Ereignis zu schweigen. Seit diesem Vorfall verhält sich Maria, die als sehr lebhaft<br />
und energisch beschrieben wird, 135 seltsam, was Franz aus dem Brief seines Freundes<br />
135 Theodor Storm, Psyche, Theodor Storm, Wir wollen uns den grauen Tag vergolden (Gütersloh: C.<br />
Bertelsmann Verlag, 1942) S. 9-40. Siehe S. 10-14.<br />
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