3.3.1 Sieben Merkmale der Novelle - Theses
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Der erste Wendepunkt in <strong>der</strong> Binnengeschichte ist die Situation, in <strong>der</strong> Cyprianus<br />
zufällig „eines Tages ein Weib von den schwarzen fahrenden Leuten […] aus ihrer [<strong>der</strong><br />
guten Gräfin] Kammer schlüpfen“ 84 sieht, die gute Gräfin nach <strong>der</strong> Ursache fragt und<br />
herausfindet, dass sie ein Kind haben möchte, wonach er ihr verspricht, dass er ihr den<br />
Spiegel schenkt. Ab diesem Moment hat die Gräfin die Hoffnung, dass sie doch ein Kind<br />
bekommen wird. Den nächsten Wendepunkt stellt <strong>der</strong> Tod <strong>der</strong> guten Gräfin dar. Sie<br />
gebärt zwar ein Kind, stirbt aber bald danach an <strong>der</strong> Pest und das bis dato glückliche<br />
Familienleben verän<strong>der</strong>t sich im Handumdrehen, was später dazu führt, dass <strong>der</strong> Graf eine<br />
neue Frau sucht, mit <strong>der</strong> er zwar ein zweites Kind hat, die aber sein erstes Kind nie lieb<br />
gewinnt. Der dritte Wendepunkt ist die Ankunft Hagers. Seit seiner Ankunft geht alles nur<br />
noch schief – <strong>der</strong> Graf stirbt unter verdächtigen Umständen, Hager tötet Kuno, den älteren<br />
Sohn des Grafen, und schließlich auch die schöne Gräfin.<br />
Die „unerhörte Begebenheit“ in dieser <strong>Novelle</strong> ist nicht schwer zu bestimmen. Es<br />
ist das Geschehen um den magischen Spiegel, den die gute Gräfin von Cyprianus<br />
geschenkt bekommt. Er soll bewirken, dass die gute Gräfin das ersehnte Kind gebärt. Sie<br />
soll ihn in ihre „Kammer stellen und dort nach Frauenart gebrauchen“, weil es ihr „bald<br />
bessere Kunde“ bringt, als „die trügerischen Leute <strong>der</strong> Heide“ 85 . Sie wird aber<br />
gleichzeitig gewarnt: „Niemals darf das Bild einer argen Tat in diesen Spiegel fallen; die<br />
heilsamen Kräfte, welche bei seiner Anfertigung mitgewirkt haben, würden sich sonst in<br />
ihr Wi<strong>der</strong>spiel verkehren.“ 86 Im Laufe <strong>der</strong> Geschichte wird bestätigt, dass alle Aussagen<br />
von Cyprianus über diesen Spiegel wahr sind, auch wenn ein gewöhnlicher Spiegel über<br />
solche Eigenschaften natürlich nicht verfügen würde.<br />
Das Dingsymbol ist <strong>der</strong> bereits mehrmals erwähnte Spiegel. Er symbolisiert das<br />
Leben und den Tod: „The magic mirror of Der Spiegel des Cyprianus has a similar double<br />
face, as child-bringer and child-killer.“ 87 Er wurde unter möglichst guten Bedingungen<br />
hergestellt und besitzt also die positivste Kraft, die er nur besitzen konnte. Das kann sich<br />
aber in das absolute Gegenteil verwandeln, wenn er Zeuge einer bösen Tat wird. Diesen<br />
Fluch zu brechen vermag dann nur ein Verwandter <strong>der</strong> Person, die die böse Tat angestiftet<br />
hat. Der Spiegel spielt eine wichtige Rolle bei allen bedeutenden Ereignissen in <strong>der</strong><br />
<strong>Novelle</strong>. 88<br />
84 Ebd. S. 44.<br />
85 Ebd. S. 44-45.<br />
86 Ebd. S. 46.<br />
87 Andrew Webber, „The Uncanny Rides Again: Theodor Storm’s Double Vision“, Mo<strong>der</strong>n Language<br />
Review, 84:4 (Oct. 1989) S. 860-873. Hier S. 870.<br />
88 Siehe Kapitel 3.3.5.<br />
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