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Weichmacherverlust bei PVC-Objekten von Joseph Beuys – Versuche zu kurativen und konservatorischen Massnahmen<br />
TEIL II MATERIALTECHNISCHE ASPEKTE<br />
6 URSACHEN UND FOLGEN DES WEICHMACHERVERLUSTS<br />
6.1 Chemische und physikalische Ursachen der Entmischung<br />
Typische Mechanismen des Weichmacherverlusts bei PVC sind die Sorption durch ein benachbartes<br />
Medium (Kontaktmigration), und die Extraktion durch Flüssigkeiten. Bei diesen beiden Prozessen ist<br />
jeweils ein Drittmedium beteiligt, das den Weichmacherverlust beschleunigt. Eine weitere Form des<br />
Weichmacherverlusts ist das allmähliche Abdampfen des Weichmachers, die Evaporation von der<br />
Oberfläche in das „benachbarte Medium“ Luft.<br />
Die oben beschriebenen Prozesse sind rein physikalischer Art und können auch ohne chemische<br />
Veränderung der Komponenten stattfinden. Die Entmischung wird jedoch dramatisch, wenn<br />
Zersetzungsprozesse im Spiel sind, die früher oder später bei jedem Weich-PVC-Material auftreten.<br />
Während der Alterung können sich sowohl das PVC-Polymer wie auch der Weichmacher und die übrigen<br />
Additive durch Zersetzungsprozesse chemisch verändern. Dadurch verändern sich die Wechselwirkungs-<br />
parameter dieser Komponenten, die ursprünglich möglichst genau aufeinander abgestimmt waren. 18<br />
Diese Degradationsprozesse der einzelnen Komponenten können sich dabei gegenseitig überlagern und<br />
verstärken, und die abgespaltenen Produkte – oft Säuren – können auf die weitere Zersetzung katalytisch<br />
wirken. 19<br />
6.2 Folgen der Entmischung<br />
Die Konsequenzen der Auswanderung manifestieren sich in zunehmender Versprödung des Materials<br />
und je nach Komponenten und Bedingungen zudem in leicht klebriger Oberfläche, was mit<br />
Verschmutzung und erschwertem Handling einhergeht. Langfristig hat der Weichmacherverlust aber<br />
zusätzliche Folgen, die zu einer Verstärkung und Überlagerung der verschiedenen Degradationsprozesse<br />
führen können:<br />
Folgen der Auswanderung: o zunehmende Versprödung des Materials<br />
Folgen der Weichmacher-Hydrolyse: o Autokatalyse<br />
12<br />
o schwächere Stabilisierung durch<br />
Auswanderung von Stabilisatoren<br />
o beschleunigte Degradationsrate<br />
o bei gefassten oder bedruckten Objekten:<br />
Verlust der Malschicht oder der Druckfarbe<br />
o Katalyse der Dehydrochlorierung<br />
o vermehrte Auswanderung<br />
o Versprödung des Materials<br />
Folgen der PVC-Dehydrochlorierung: o Autokatalyse<br />
(längerfristig) o Katalyse der Weichmacherdegradation<br />
18 Williams 19993, S. 135ff<br />
19 Thinius 1963, S. 202ff<br />
o Verfärbung<br />
o Zersetzung des PVC-Polymers