Download PDF
Download PDF
Download PDF
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Weichmacherverlust bei PVC-Objekten von Joseph Beuys – Versuche zu kurativen und konservatorischen Massnahmen<br />
TEIL III EXPERIMENTELLER TEIL: KURATIVE UND KONSERVATORISCHE EINGRIFFE. Voraussetzungen und Vorversuche<br />
TEIL III EXPERIMENTELLER TEIL: KURATIVE UND KONSERVATORISCHE EINGRIFFE<br />
Durch die theoretische Auseinandersetzung zeichnete sich bereits ab, dass die Entwicklung einer erfolg-<br />
reichen Behandlungsmethode aufgrund der grossen Komplexität und Empfindlichkeit des Materials eher<br />
unwahrscheinlich sein könnte. Deshalb wurden für den experimentellen Teil verschiedene Strategien gewählt,<br />
die mindestens einige neue Erkenntnisse bringen und weitere Forschungsfelder aufzeigen sollten.<br />
11 WAHL DER BEHANDLUNGSMETHODEN<br />
Die meisten der in der Forschung und Industrie diskutierten und/oder praktizierten Methoden zur Hemmung<br />
der Weichmacherauswanderung sind für die Anwendung an Kunstobjekten nicht geeignet. Einerseits<br />
gehen sie von undegradiertem Material aus, anderseits verändern sie oft durch physikalische, chemische<br />
oder strahlungschemische Behandlungen die Oberflächenstruktur oder sonstige Integrität des Materials.<br />
Für den experimentellen Teil sollen drei verschiedene Methoden geprüft werden, die mehr oder weniger<br />
weit reichende Eingriffe am Objekt beinhalten.<br />
11.1 Chemische Nachstabilisierung<br />
Aus der Interpretation der Analyseergebnisse folgt die These, dass die Hydrolyse des Weichmachers zu<br />
Inkompatibilität führt und somit als Antriebsmechanismus der Auswanderung zu werten ist. Ein Projekt<br />
des experimentellen Teils wird deshalb dem Versuch gewidmet sein, das Material chemisch zu stabilisie-<br />
ren, indem Hydrolyseschutzmittel eingebracht werden. Diese sollen die chemischen Prozesse, die zur<br />
Spaltung der Esterketten führen, umwandeln.<br />
Unseres Wissens ist die Methode der chemischen Nachstabilisierung im konservierungstechnischen<br />
Bereich bisher erst an Latexmaterial erfolgreich versucht worden; 62 weiter gibt es einige Erfahrungen in<br />
Bezug auf Filmträger (Celluloseacetat) 63 . An Weich-PVC wurde die Methode bisher auch ausserhalb des<br />
Bereichs der Konservierung nach unserer Kenntnis noch nie ausprobiert; sie fehlt denn auch bei der<br />
Methodenübersicht, und muss ausserdem mit vielen Fragezeichen versehen werden. Es soll immerhin<br />
versucht werden, einige dieser offenen Fragen zu beantworten.<br />
11.2 Beschichtung<br />
Die Strategie, das Material mit einer physikalisch oder chemisch gebundenen Schutzschicht zu versehen,<br />
um den Weichmacher am Austreten zu hindern, wird das Problem vermutlich nicht lösen, da ja der<br />
Weichmacher im Innern hydrolysiert und deshalb das System inkompatibel wird. Vielmehr ist im Gegenteil<br />
sogar zu befürchten, dass eine undurchlässige Beschichtung die Degradation bei bereits gealterten Ma-<br />
terialien nicht aufhalten, sondern im Gegenteil beschleunigen wird. Wenn saure Spaltprodukte, wie sie bei<br />
der Hydrolyse des Weichmachers wie auch bei der Dehydrochlorierung des PVC entstehen, aus dem<br />
Material nicht einmal mehr wegflüchten können sondern im Material «eingesperrt» bleiben, so könnten sie<br />
die Degradationsprozesse von innen her katalysieren und beschleunigen.<br />
62 Pfenninger 2004<br />
63 Allen u.a. 1990; Allen u.a. 1992<br />
30