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Weichmacherverlust bei PVC-Objekten von Joseph Beuys – Versuche zu kurativen und konservatorischen Massnahmen<br />
TEIL III EXPERIMENTELLER TEIL: KURATIVE UND KONSERVATORISCHE EINGRIFFE. Versuchsreihe Beschichtung<br />
17 VERSUCHSREIHE BESCHICHTUNG<br />
Da sich bereits während der theoretischen Auseinandersetzung abzeichnete, dass ein Einbringen von Sta-<br />
bilisatoren zumindest unsichere Aussicht auf Erfolg verspricht, wurde parallel eine Versuchsreihe zur Be-<br />
schichtung durchgeführt. Es wurde ein Überzugssystem angewendet, das in der PVC-Industrie gebräuchlich<br />
ist und uns von Peter Gujer, Entwicklungsleiter in der SIKA, empfohlen und freundlicherweise zur Verfügung<br />
gestellt wurde. Es handelt sich um einen Zweikomponentenlack auf Acrylbasis, der bei Raumtemperatur<br />
aushärtet.<br />
Es hätte die Möglichkeit bestanden, am Fraunhofer Institut für Silicatforschung Beschichtungen mit<br />
Ormocer® vornehmen zu lassen, die eventuell höheren Standards erfüllen würden, da sie aus organisch-<br />
anorganischen Hybriden bestehen und in dünneren Schichten aufgetragen werden können. Es wurde<br />
jedoch vorerst auf diesen aufwändigeren Weg verzichtet, da es in erster Linie darum ging zu untersuchen,<br />
wie sich das bereits degradierte Material unter einer Beschichtung verhalten würde, und ob ein Einfluss<br />
der Beschichtung auf weitere Zersetzungsprozesse festgestellt werden kann.<br />
17.1 Fragestellung<br />
Als erstes Ziel galt es herauszufinden, inwieweit der Austritt von Weichmachertröpfchen auf die<br />
Oberfläche durch die Beschichtung verzögert werden kann.<br />
Eine weitere Frage galt den möglichen Nebenwirkungen eines solchen Überzugs. Die Ergebnisse der Material-<br />
analyse und die Identifizierung der Antriebsmechanismen der Weichmacherauswanderung legen nahe, dass<br />
eine gasdichte Beschichtung die Degradation bei bereits gealterten Materialien nicht aufhalten, sondern im<br />
Gegenteil beschleunigen könnte. Da die Hydrolyse des Weichmachers wie auch die Dehydrochlorierung des<br />
PVCs durch saure Spaltprodukte katalysiert wird, muss man theoretisch annehmen, dass eine undurchlässige<br />
Beschichtung für degradierendes Material geradezu fatal wäre. Denn die sauren Spaltprodukte könnten dann<br />
nicht einmal mehr wegflüchten, sondern wären sozusagen im Material eingesperrt, und die Zersetzung wür-<br />
de im Innern umso schneller ablaufen. Es ist aber ebenso denkbar, dass kleine Gasmoleküle durch den Über-<br />
zug hindurch entweichen können und dass die Hauptwirkung der Beschichtung darin besteht, die Feuch-<br />
tigkeit am Eindringen in das Material zu hindern und damit die Hydrolyse des Weichmachers zu verzögern.<br />
Nebenbei interessierte auch die Frage, ob die Beschichtung annähernd ohne optische Beeinträchtigung<br />
des Erscheinungsbildes aufgetragen werden konnte. Falls dies die einzige problematische Seite der Me-<br />
thode bleiben sollte, so wären hier bestimmt Alternativen mit unterschiedlichen Beschichtungssystemen<br />
und -techniken ausfindig zu machen.<br />
Ein wichtiger Nebeneffekt des Überzugs könnte eventuell im mechanischen Schutz der Druckfarbe bei<br />
erneuter Reinigung bestehen. Auch hierzu erhofften wir uns durch die Versuchsreihe einige Erfahrungswerte.<br />
17.2 Versuchsablauf<br />
Es wurden 12 Proben von 3.0 x 3.5 cm (ca. 4.0g) vorbereitet und trocken gereinigt, sowie kurz mit<br />
Isopropanol abgespült. Die Hälfte der Proben wurde beidseitig sowie an den Rändern mit dem<br />
Zweikomponentenlack beschichtet. Die andere Hälfte wurde unbeschichtet belassen.<br />
Alle Proben wurden anschliessend während insgesamt 32 Tagen in Klimaöfen Hydrolysebedingungen<br />
ausgesetzt (45°C, 75% rF). Jeweils nach 4 Tagen (96 Stunden) wurden alle Proben mit der Mikroskop-<br />
kamera fotografiert, und es wurden Massebestimmungen durchgeführt. Nach 32 Tagen wurden die Proben<br />
trocken gereinigt, kurz mit Isopropanol abgespült und nach dessen Abdampfen wieder gewogen.<br />
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