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Selbstorganisation M11b.pdf

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men haben. Dieses setzt jedoch keine oberflächliche Analogie voraus, "asserting a one-toone<br />

correspondence between biological/physical phenomena and economic ones. Rather it<br />

implicates similar causal patterns of, for example, competition, Cooperation, and the generation<br />

of variety operating in the 'deep structures' of both systems" 92 .<br />

Während im vorangehenden Kapitel vor allem deutliche Unterschiede bezüglich der Charakteristika<br />

der Systeme in ihrer Gesamtheit (also aus holistischer Sicht) aufgezeigt worden<br />

sind, tritt nun der aus individualistischer Sicht wesentliche Unterschied in den Vordergrund:<br />

In physikalischen Systemen liegt ein detailliertes theoretisches Verständnis des Verhaltens<br />

der elementaren Einheiten und der Art der Interaktion vor 93 . Außerdem werden homogene<br />

Mengen betrachtet, d.h. die betrachteten Teilchen unterscheiden sich nicht voneinander 94 :<br />

Dahingegen sind die individuellen Elemente sozialer Systeme ungleich komplexer und vor<br />

allem heterogener 95 . Abgesehen davon, dass man sowohl über die präzisen Zustände 96 dieser<br />

als auch über die Dynamik des individuellen Verhaltens und die Interaktionen selbiger<br />

viel weniger weiß als über die der physikalischen oder chemischen Elemente, kommt ein<br />

noch fundamentalerer Unterschied hinzu: Im Gegensatz zu den mikroskopischen Einheiten<br />

in physikalisch/chemischen Systemen können die individuellen Einheiten in sozialen Systemen<br />

neben unbewussten auch bewusste zielorientierte strategische Entscheidungen treffen<br />

97 .<br />

Dieser Unterschied ist aus systemtheoretischer Sicht jedoch dann nicht mehr relevant, wenn<br />

unterstellt wird, dass auch das Individualverhalten sozioökonomischer Systeme wesentlich<br />

auf übergeordneten Gesetzmäßigkeiten (Invarianten) beruht. Ohne eine solche paradigmatische<br />

Unterstellung wäre eine systematische - also über die reine Deskription hinausgehende-<br />

wissenschaftliche Erforschung kollektiver Phänomene kaum möglich, womit der Erkenntnisfortschritt<br />

recht beschränkt bliebe 98 .<br />

92<br />

Silverberg(1988, S.532). Vor einer oberflächlichen Analogiefindung warnt auch Witt, der sich mit Marktprozessen beschäftigte: "Trying to<br />

transfer specific concepts and formalisms of the phenomena of self-organisation in the natural sciences to the problem of economic coordination<br />

would therefore run the risk of stretching the analogy too far. ...economists should be sceptical with respect to such analogies. Many of<br />

the fictions and shortcomings in the present understanding of the market process seem to be the result of another analogy suggested by the<br />

neoclassical writers in economics...: the analogy between their equilibrium approach to the economic coordination problem and classical mechanics;<br />

“Witt (1985, S.572). Diese Vorsicht sollte man natürlich nicht nur hinsichtlich des Problems der Marktkoordination walten lassen.<br />

93<br />

Zwar fehlt das präzise Wissen um den genauen Ort eines bestimmten Teilchens zu einem bestimmten Zeitpunkt (quantentheoretische Unbestimmtheit,<br />

s.o.), es können aber relativ genaue statistische Beschreibungen der Zustände angegeben werden (Wahrscheinlichkeit, ein bestimmtes<br />

Teilchen an einem bestimmten Ort zu vorzufinden); Vgl. Witt (1985, S.571)<br />

94<br />

Das dies nur für sehr einfache physikalische oder chemische Komponenten selbstorganisierender Systeme zutrifft, ebenso wie die Annahme,<br />

dass Experimente unter exakt den gleichen Bedingungen wiederholbar sind, wurde schon oben vermerkt; Vgl. Troitzsch (1990, S.525). Ob des<br />

großen Komplexitäts- und Heterogenitätsunterschieds -der hier herausgestellt werden soll- kann die Annahme der Homogenität aber als Vereinfachung<br />

aufrechterhalten werden.<br />

95<br />

Abgesehen von den vererbten Unterschieden zwischen Menschen kommt ja eine noch vielschichtigere Differenzierung durch die jeweiligen<br />

prägenden und spezifischen Erfahrungswelten hinzu.<br />

96<br />

Zustände sind hier im Sinne von gewählten Handlungen zu verstehen.<br />

97<br />

Ebenso können sie ihr Verhalten als eine Konsequenz von systematischem Lernen ändern als auch 'innovieren', d.h. neue Verhaltensmoden<br />

kreieren; Vgl. Witt (1985, S.572). Während ersteres (wie später anhand von Diffusionsmodellen' gezeigt wird) als Informationszugewinn<br />

(Konvergenz auf vollständige Information) in selbstorganisatorischen Modellen antizipiert werden kann, stellt letzteres eine besondere Problematik<br />

dar, da durch Innovationen' evolutorische Prozesse in Gang gesetzt werden.<br />

98<br />

Hierdurch werden die individuellen Verhaltensmuster für hinreichend stabil erklärt, um auf der Makroebene einer quantitativen bzw. qualitativen<br />

Analyse zugänglich zu werden; Vgl. Erdmann (1989, S.242)<br />

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