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Selbstorganisation M11b.pdf

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auer zumindest die Anzahl und Art der möglichen Handlungszustände bekannt sein<br />

muss, die ein Individuum des betrachteten Subsystems einnehmen kann 345 . Aber kann demgemäß<br />

Evolution antizipiert werden? 346<br />

In der Ökonomie führt eine Gleichsetzung von "Theorie der spontanen Ordnung = <strong>Selbstorganisation</strong>stheorie<br />

= evolutorische Ökonomik" 347 zu einem reinen Anpassungs- und<br />

Konvergenzdenken. Es stellt sich spontan ein Zustand der Ordnung ein, der das Ergebnis<br />

des Handelns von Menschen ist, aber nicht Ergebnis menschlichen Entwurfs. Die spezifische<br />

Eigenschaft der am Prozess des Ordnens beteiligten Komponenten (Elemente), auf<br />

die es in der Ökonomie ankommt, ist die Fähigkeit zum zielsuchenden Verhalten. In der<br />

Ökonomie wird dieses Handeln als das Bestreben der Wirtschaftsubjekte bezeichnet, das<br />

für sich Beste aus einer gegebenen Situation zu machen. Man nennt dies auch Eigennutzstreben,<br />

wobei Gewinnerzielung als eine Form des Eigennutzes gesehen wird 348 . Wie<br />

chen stabilen Zustände eines Systems wiedergibt (siehe hierzu Abb.20), selber in der Zeit verändert. Durch die Annäherung der Investorenkonfiguration<br />

an einen Attraktor (bzw. durch das Erreichen desselben) verändert sich dieser selber, der Systemzustand wird instabil<br />

und in Richtung des neuen Attraktors getrieben, wobei durch die Annäherung an den 'neuen' Attraktor dieser sich wiederum ändert, usw.<br />

Durch dieses 'einfache' Modell können so Konjunkturzyklen simuliert werden. Indem die verschiedenen exogenen Parameter einer Feinabstimmung'<br />

unterworfen wurden, konnten Weidlich und Haag die empirisch beobachtete Entwicklung der Investorenkonfiguration' für<br />

drei voneinander getrennte Perioden (1955-1965; 1967-1971; 1973-1980) anhand des Modells nachvollziehen. Diese ex-post Beschreibung<br />

sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Modell keineswegs prognosefähig ist, da für die Abschätzung der zukünftigen<br />

Parameterwerte keine Grundlage gegeben wird. Die Fähigkeit zur relativ genauen Beschreibung beobachteter 'ökonomischer' Vorgänge<br />

scheint aber darauf hinzuweisen, dass auch diesen, im beschriebenen Falle im engeren Sinne dem Investitions-, im weiteren Sinne dem<br />

Innovations- und Imitationsverhalten , selbstorganisatorische Mechanismen zugrunde liegen, die über fundamentale Gesetzmäßigkeiten,<br />

die in dieser Arbeit aufgezeigt wurden, beschrieben werden können.<br />

345 Womit die Behauptung im Vorsatz auch schon widerlegt ist. Wie Schlicht bezüglich der Hayekschen 'Musterbildung' [Vgl. hierzu Hayek<br />

(1972)] in sozioökonomischen Systemen, die ja auch bei evolutorischen Prozessen zu beobachten ist, vermerkte: "Viele dieser Überlegungen<br />

sind qualitativer Art, soll heißen: Sie beziehen sich nicht auf die Bewegung gewisser Variablen, sondern sie befassen sich mit dem<br />

Entstehen neuer Variablen. Die Synergetik thematisiert demgegenüber hauptsächlich quantitative <strong>Selbstorganisation</strong>sphänomene, soll<br />

heißen, die Koordinierung gewisser gegebener Variablen in einem Gesamtsystem"; Schlicht (1986,S,221).<br />

346 Um die im vorhergehenden genannten Aspekte einer evolutorischen Betrachtungsweise gemäß Dopfer (1990; 1991) einer einheitlichen<br />

theoretischen Sichtweise zu unterwerfen: Die strukturellen Charakteristika eines Systems zu einem bestimmten Zeitpunkt werden als synchrones<br />

Regime bezeichnet. Die Veränderung eines Systems über die Zeit S^—>S2-.—>S X wird als diachroner Prozess bezeichnet, wenn:<br />

Si#S2#...#Sx, also ein Übergang von einem synchronen Regime zu einem anderen stattfindet. "Eine diachrone Theorie muss Aussagen<br />

über jene Erklärungsvariablen machen, die in der synchronen Analyse typischerweise konstant gehalten werden. Diese in synchroner<br />

Perspektive konstanten Faktoren umfassen technologischen Fortschritt, Bevölkerung sowie strukturelle und institutionelle Aspekte einer<br />

Ökonomie"; Dopfer (1990, S.28). Schumpeters endogene Erklärung des Wirtschaftsprozesses geht von einem synchronen Regime im<br />

Gleichgewicht aus, das vom schöpferischen Unternehmer durch materielle Umsetzung exogen gegebener Inventionen (Ideen, die den<br />

technischen Fortschritt bestimmen) zerstört wird; der so initiierte diachrone Prozess führt zu einem neuen Gleichgewicht. Ideen und materielle<br />

Faktoren sind somit "zwei integrale Prozesskonstituanten"; Dopfer (1990, S.30). Erstere kann man als Potentiale [nicht im Sinne<br />

der Potentialfunktionen sondern im Sinne von Evolutionspotentialen (Vgl. Dopfer (1990, S.36ff)]:"if a potential is defined in its evolutionary<br />

meaning, it should be defined as informational potential"; Dopfer (1991, S.56)], letztere als Aktualisierung derselben interpretieren.<br />

Jedes Potential lässt nur eine endliche Menge von Aktualisierungen zu: "Das Charakteristische eines Potentials, beispielsweise einer Erfindung,<br />

ist, dass es Möglichkeiten zu seiner Entwicklung bzw. zu seiner Variation bietet"; Dopfer (1990, S.31). "Economically, it may become<br />

increasingly difficult to find new Solutions (actualizations) on the basis of an old potential. Accordingly any differential surplus will<br />

increasingly vanish, as the potential is exhausted, or the actualization process reaches its terminal point"; Dopfer (1991, S.56). "Wir können<br />

also ein synchrones Potential als Variationspool, der eine endliche Menge von nicht-wiederholbaren Aktivitäten zulässt, definieren";<br />

Dopfer (1990, S.31). Sind die Potentiale im Schumpeterschen Sinne endlich, so würden sie sukzessive erschöpft ["Information is a potential<br />

only as long as not everyone has it. An informational potential is consumed as it is 'applied', hence it is finite"; Dopfer (1991, S.56)].<br />

Hier aber setzt die Kreativität der ökonomischen Agenten ein: Die Erschöpfung eines Innovationspotentials durch die dem Innovator folgenden<br />

Imitatoren führt zu verschwindenden Gründergewinnen und deswegen wird "der Prozess der Erschöpfung eines Variationspotentials...also<br />

von einem Prozess der Suche nach und der Generierung von neuen Variationspotentialen" begleitet; Dopfer (1990, S.34). Somit<br />

muss zwischen synchronen Prozessen (die in der Ökonomie als Marktpreisbildungsprozesse mit ihren Allokationskonsequenzen im<br />

Vordergrund standen), diachronen Prozessen, die sich in einer Ausschöpfung bestehender Potentiale äußern (und von einem allwissendem<br />

Modellbauer zumindest bezüglich ihrer möglichen Folgen modelliert werden können müssten) und diachronen Prozessen, die sich in<br />

der Entdeckung neuer Potentiale und ihrer Ausschöpfung äußern (und selbst vom allwissenden Modellbauer nicht antizipiert werden können?),<br />

unterschieden werden. So oder so werden diachrone Prozesse, die hier im Gegensatz zu synchronen Prozessen als evolutionäre<br />

Prozesse definiert werden, zur Entstehung neuer Variablen und/oder zu einer Veränderung der Interaktionsmuster fuhren. Demgemäß<br />

müssen die Gleichungen selber in der Zeit evolvieren, also zusätzliche mögliche Handlungszustände antizipieren und/oder ihre Struktur<br />

selber verändern, und zwar gemäß der Veränderung des Interaktionsmusters.<br />

347 Schmidtchen (1990, S.81)<br />

348 Die Ausführung einer Entscheidung für eine Güterkombination (ein Gut) stellt ein zielorientiertes, an das entworfene Weltbild angepasstes<br />

Seite 89

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