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Selbstorganisation M11b.pdf

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PFADABHÄNGIGKEIT- Die frühe Entwicklungsgeschichte der Marktanteile, die zum Teil<br />

eine Folge von kleinen Ereignissen und historischen Zufällen ist, kann ausschlaggebend<br />

dafür sein, welche Lösung letztendlich obsiegt 245 .<br />

Meistens, wenn der „Pay-Off“ einer Handlung mit der Anzahl der dieselbe Handlung Wählenden<br />

steigt, können multiple Gleichgewichte entstehen. Derartige multiple Gleichgewichte wurden<br />

in verschiedenen ökonomischen Bereichen lokalisiert, wie z.B. der internationalen Handelstheorie<br />

246 , der räumlichen Ökonomie 247 oder der industriellen Organisation 248 . Jedoch konzentrierte<br />

man sich hier vor allem auf die Frage, ob multiple Gleichgewichte vorstellbar sind,<br />

weniger auf die Frage, wie die Existenz derselben durch eine akzeptierte Dynamik erklärt<br />

werden kann.<br />

Aus der synergetischen Sicht kann man die verschiedenen stabilen Gleichgewichte als lokale<br />

Minima von Potentialfunktionen interpretieren. Sie sind untereinander durch Potentialbarrieren<br />

getrennt, für deren Überwindung eine je nach Stärke der Barriere ausreichende Menge exogen<br />

aufprallender Energie benötigt wird 249 (Abb.21). Anschaulich lässt sie sich z.B. anhand<br />

des Party-Modells als die Kraft verstehen, die benötigt wird, ein, ohne Präferenz für einen<br />

Raum durch starke Konformitätskräfte entstandenes, stabiles Randgleichgewicht (0.20) in das<br />

korrespondierende Randgleichgewicht (20,0) zu 'treiben', also die sich kumulativ wechselseitig<br />

verstärkenden Bindungen an eine Konfiguration zugunsten der anderen zu überwinden 250 .<br />

Aus ökonomischer Sicht kann man diese Schwelle über die in der Zeit akkumulierten ökonomischen<br />

Vorteile einer Innovation beschreiben, die durch ein Randgleichgewicht repräsentiert<br />

werden (alle VHS).So kann man als Maß des LOCK-IN ein spezielles Gleichgewicht die minimalen<br />

Kosten bezeichnen, die es mit sich bringt, einen Wechsel in ein anderes alternatives<br />

Verhakung der Schlagstangen bei herkömmlichen Schreibmaschinen klein gehalten wurde. Erst durch die Entwicklung der Umwelt, nämlich in<br />

Form von Kugelkopfschreibmaschinen und später dann Computern, wurde dieser Vorteil konterkariert und die Vorzüge eines Tastaturschemas<br />

sind seitdem nur noch an der 'Schreibgeschwindigkeit', die es seinem Benutzer ermöglicht, zu messen. Unter diesem Maß sind jedoch andere<br />

Tastaturen, wie für das von Dvorak 1932 entwickelte DSK in Navy-Experimenten bewiesen, effizienter. Diese Experimente zeigten auch, dass<br />

die 'switching-costs', die durch ein Umtrainieren' der Schreibkräfte entständen, binnen kürzester Zeit durch die erhöhte Effizienz amortisiert<br />

würden; Vgl. David ( 1985). Trotzdem wird dieser Schritt nicht unternommen, da ihn gleichzeitig alle tun müssten, die Koordinierungsanstrengung<br />

wäre ungemein hoch.<br />

245<br />

Als "a member of a small dissenting sect within the more-or-less tolerant society of academic economists" beschäftigte sich David ausführlich<br />

mit dem Phänomenen der Pfadabhängigkeit; Vgl. David (1988)' Zitat aus ebenda (S.l).<br />

246<br />

Das Standardbeispiel ist das zweier Länder, die in zwei möglichen Industrien (z.B. Auto- und Flugzeugindustrie) mit hohen Aufbau- bzw. Fixkosten<br />

oder anderweitig begründeten positiven Skalenerträgen produzieren können. Statisch würde ein Kostenminirnum erreicht, wenn das eine<br />

Land die eine und das andere Land die andere Industrie übernehmen würde. Das gewünschte Konsumenten-Mix würde dann durch Handel<br />

miteinander erreicht. Welche Industrie sich jedoch in welchem Land ansiedelt, ist unbestimmt, womit in der statischen Sicht multiple Gleichgewichte<br />

lokalisiert sind; Vgl. Arthur (1988a, S.11)<br />

247<br />

So zeigte Weber [zitiert in Arthur (1988a, S.12)], dass Firmen von anderen Firmen oder Industrieagglomerationen profitieren, aber verschiedene<br />

Konfigurationen der Industrie einer lokalen Minimalen-Kosten-Lösung entsprachen, woraus Palander (zitiert ebenda) u.a. ableiteten, dass<br />

die beobachteten räumlichen Industriestrukturen keine eindeutige Lösung des Problems des räumlichen ökonomischen Gleichgewichts darstellten,<br />

sondern eher Folge eines historischen Prozesses sind (ebenda). Der Versuch einer Formalisierung dieser Einsichten von Allen wurde ja<br />

weiter oben beschrieben.<br />

248<br />

Hier zeigte beispielsweise Katz (1985,1986), dass eine Kombination von Netzwerkexternalitäten und Erwartungen zu multiplen Marktanteilsgleichgewichten<br />

führen können. Wenn z.B. ex ante eine ausreichende Anzahl von Konsumenten glaubt, dass der IBM- PC einen großen Marktanteil<br />

haben wird, und es Vorteile mit sich bringt einem dominanten Netzwerk anzugehören, so werden sie gewillt sein das Produkt zu kaufen,<br />

und der Produzent wird in Erfüllung dieser Erwartungen eine große Quantität des Produktes auf den Markt werfen. Es kann hier insofern von<br />

multiplen Gleichgewichten gesprochen werden, weil die gleiche Aussage auch für konkurrierende Produkte gemacht werden kann, also exante,<br />

ohne Kenntnis der Erwartungen, verschiedene Gleichgewichte vorstellbar sind. Zu weiteren Beispielen für 'Self-Fulfilling Prophecies'<br />

(bzw. Expectations') siehe Schelling (1978, S.115ff); zum Versuch einer Formalisierung derselben siehe Azariadis (1981)<br />

249<br />

Zur Herleitung und Interpretation von Potentialfunktionen siehe Haken (1977, 1983),Weidlich (1983), Erdmann(1990), Zhang (1991)<br />

250<br />

Die Herleitung und Darstellung von Potentialfunktionen die auf dem Partymodell bzw. auf dem Modell der Entstehung von Institutionen (die<br />

sich ja fast vollständig entsprechen) basieren, finden sich in Eger(1990, S.87ff) und Brandes(1990, S.181ff)<br />

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