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Selbstorganisation M11b.pdf

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Das Interessante am Modell ist nach Troitzsch, dass es zum einen das Entstehen multimodaler<br />

Verteilungen im Einstellungsraum erklärt 180 . Zum anderen weise es Ähnlichkeiten zu<br />

Abb.15 insofern auf, dass sich für Gruppen von aufeinander folgenden Monaten die empirischen<br />

Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen -ähnlich der Simulation- ebenfalls einem vorübergehend<br />

stationären Zustand zuzustreben scheinen, der aber durch benennbare äußere Ereignisse<br />

geändert wird 181 . Dabei sind die äußeren Einflüsse viel unspezifischer als die im Modell<br />

durch ein stochastisches Gaußsches Rauschen erzeugten 182 , womit das System dem<br />

Begriff der <strong>Selbstorganisation</strong> jedoch wohl eher noch gerechter wird 183 .<br />

Abschließend lässt sich vermerken, dass der nichtlineare stochastische Modellierungsansatz<br />

trotz aller Unwägbarkeiten die realen Zusammenhänge wenigstens grobkörnig widerzuspiegeln<br />

scheint und so- mit (trotz der entscheidenden Rolle der involvierten Nichtlinearitäten bzw.<br />

gerade wegen dieser) auch ein potentielles Instrument für prognostische Aussagen sein sollte.<br />

Dies wurde durch eine von Erdmann auf Basis der Mastergleichung sechs Monate vor der<br />

Niedersachsenwahl 1985 gemachte Prognose bestätigt 184 .<br />

In den bisher angesprochenen, zum größten Teil auf Basis der Mastergleichung konstruierten<br />

Modellen selbstorganisierender Systeme waren ökonomische Beeinflussungsfaktoren entweder<br />

gar nicht vorhanden (bzw. sie wurden negiert) oder wurden explizit oder Implizit in die<br />

Randbedingungen, sprich: in die Umwelt des Systems abgeschoben 185 : Für die Entwicklung<br />

derselben wurden keine Erklärungskonzepte geliefert, da durch eine endogene Erklärung<br />

180<br />

Troitzsch(1990, S.535)<br />

181<br />

z.B.: November 1985 bis März 1986->SPD gewinnt die Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein-*...Oktober bis Dezember 1986-<br />

»Bundestagswahl-»...März bis Oktober 1987->BarscheIafräre->.. Vgl. Troitzsch,)990, S.529Tt<br />

182<br />

Dieses dient nur dazu, die Teilchen kontinuierlich in Bewegung zu halten, kann also ähnlich der Varianz von mittleren Obergangsraten interpretiert<br />

werden, während die realen diskreten Schocks -und wahrscheinlich nicht nur sie- vorübergehende endogene Änderungen des (der) Attraktors<br />

zu bewirken scheinen. Dieser empirisch zu beobachtende Tatsache, dass sich das System immer wieder auf einen Gleichgewichtzustand<br />

hin zu bewegen scheint, wobei es während dieses Anpassungsprozesses zu einer Veränderung des Attraktors kommt, die wiederum neue<br />

Anpassungsprozesse auslöst, kommt im letzten Kapitel dieser Arbeit (<strong>Selbstorganisation</strong> = Evolution?) aus theoretischer Sicht eine besondere<br />

Bedeutung zu.<br />

183<br />

Ein System kann man im Sinne der Synergetik als selbstorganisierend bezeichnen, "if it acquires a spatial, temporal or functional structure<br />

without specific interference from the outside. By 'specific' we mean that the structure or functioning is not impressed on the system, but that<br />

the system is acted upon from the outside in a non-specific fashion. "; IIaken (1988 , S.11)<br />

184<br />

Vgl. Erdmann(1989). Bei weitem feinkörniger in der Betrachtung als das Modell von Troitzsch ging man von 2 Subpopulationen aus, die eine P-<br />

Gruppe (P=“Poor“) und eine R-Gruppe (R=“Rich“) repräsentieren. Sie können sich für eine von drei Parteien (bzw. Verhaltensszuständen)<br />

entscheiden. Stammwähler, deren Anteil übrigens zunehmend kleiner wird, werden nicht in das Modell miteinbezogen, sondern die besondere<br />

Aufmerksamkeit gilt dem volatilen Teil der Wählerschaft, den Wechselwählern sowie den Mobilisierungsaktivitäten der Parteien. Das Wählerwanderungsverhalten<br />

und damit die Dynamik des Wahlprozesses wird fast völlig analog zum Migrationsmodell (s.o.) durch nur vier 'Ordnungsparameter'<br />

beschrieben, die die jeweiligen Intragruppenwirkungen' durch einen Grad der Kohäsion cP bzw. c r und die jeweiligen Intergruppenwirkungen'<br />

durch einen Grad der gegenseitigen Sympathie oder Antipathie sP bzw. s r bestimmen. Diese werden im Vergleich mit dem<br />

empirisch beobachteten Wählerwanderungsverhalten (Umfragen) mittels der Methode der kleinsten Quadrate ökonometrisch bestimmt [zum<br />

traditionellen Kleinste-Quadrate-Schätzverfahren und seiner Anwendung auf stochastische Modellierungen siehe Haag(1984)]. Die dem Modell<br />

analoge Gruppenbildung in der empirisch gewonnenen Realität stellt eine zusätzliche Problematik dar, der man beizukommen versuchte,<br />

indem man sie und die darauf basierenden Berechnungen nach 11 verschiedenen Kriterien vornahm, "in der Hoffnung, durch Mittelung der<br />

Ergebnisse die Fehlerquelle so weit wie möglich eliminieren zu können"; Erdmann (1989, S.259). Die Abweichungen der, mit dem so zugeschnittenen<br />

Modell ein halbes Jahr vorher gemachten Prognosen vom wahren Wahlausgang lagen zwischen 0.1% und 1%: Die Prognose war<br />

relativ genau. Erdmann verweist darauf, dass der Mensch immer dazu neigt einen Trend linear in die Zukunft fortzusetzen, auch wenn dies vielen<br />

Sachverhalten -wie dem gezeigten- nicht angemessen ist; Ebenda (S.259ff)<br />

185<br />

1. Gar nicht: So war das Party-Modell ein per Definition soziales Modell.<br />

2. Explizit: In den Migrationsmodellen wurden sozioökonomische Beeinflussungsfaktoren zwar erkannt, ihre Entwicklungen konnten aber nicht<br />

antizipiert werden, sondern wurden als exogene Funktionen definiert, die als Randbedingungen die Präferenzkräfte bestimmten.<br />

3. Implizit: In den Wahlmodellen ist die Frage nach der Einschätzung der eigenen Wirtschaftslage in hohem Maße mit dem Maß der politischen<br />

Zufriedenheit korreliert.; Vgl. Erdmann(1989, S.258), Troitzsch(1990)<br />

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