Selbstorganisation M11b.pdf
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immer mehr ins Blickfeld eines anderen Erklärungsansatzes der Diffusion von Innovationen,<br />
der auf der mikroskopischen Ebene in Schwellenwertmodellen, auf der makroskopischen<br />
Ebene in Kritische-Massen-Modellen seinen Ausdruck fand:<br />
5.2.2 Soziale <strong>Selbstorganisation</strong> durch kritische Massen und Schwellenwerte 273<br />
Die Diffusion einer Innovation 274 wird vom Prozentsatz der Anwender im individuellen persönlichen<br />
Netzwerk genauso abhängen wie vom Prozentsatz der Anwender im gesamten System<br />
275 . Sie wird durch das soziale System bestimmt, innerhalb dessen sie auftritt. Mit der<br />
Technik der Netzwerkanalyse wird die Struktur eines sozialen Systems analysiert, um die Art<br />
und Weise der gegenseitigen persönlichen Beeinflussung zu verstehen. Soziale Netzwerke<br />
können als Muster von Beziehungen, die zwischen den Einheiten in einem System existieren,<br />
betrachtet werden 276 . Solche Beziehungen können auf Freundschaft, Kommunikation oder<br />
anderen Arten von Beziehungen wie Rat, Unterstützung, Respekt u.a. basieren. Die Netzwerkanalyse<br />
hat auf drei Gebieten zur Erforschung der Diffusion beigetragen 277 :<br />
soziale Struktur<br />
strukturelle Äquivalenz 278<br />
individuelle Beeinflussung 279<br />
zu 1: Die soziale Struktur entspricht der Regularität der Beziehungsmuster, die zwischen den<br />
Einheiten eines Systems existieren und wurde lange als Schlüsselgröße der Rate und der Art<br />
der Diffusion angesehen. Sie schafft oder reflektiert Positionen und Regeln innerhalb eines<br />
sozialen Systems durch welche die Rate und Art der Diffusion bestimmt wird. Auf der Systemebene<br />
wird diese durch Netzwerkcharakteristika wie einem hohen Grad der Zentralisierung,<br />
der Verknüpftheit, der Dichte und/oder der Integration beschleunigt, durch die Existenz<br />
273 Im folgendem wird ein Modell von Valente (1991) vorgestellt, dass Schwellenwert- und Kritische Massen-Modelle miteinander verbindet und<br />
die Diffusion von Innovation als selbstorganisierenden Prozess modelliert. Dem Informationsfluss durch das Netzwerk sozialer Systeme, als<br />
welches die Gesellschaft weiter oben (von Heijl) definiert worden war, kommt eine besondere Bedeutung zu. Die Diffusion von Innovationen<br />
hängt hier nicht von Kosten/ Nutzenkalkülen ab, weder Kosten noch Nutzen wird explizit bestimmt, sondern von 'Anreizimpulsen', die innerhalb<br />
der Subsysteme bzw. innerhalb des Gesamtsystems verstärkt oder abgeschwächt werden. Sowohl das Durchschnittsverhalten in Gesamtsystem<br />
als auch das 'Einzelverhalten' in den Subsystemen sind hierbei entscheidend; der Diffusionsprozess wird durch soziale Abhängigkeiten zu einem<br />
selbstorganisierenden, nichtlinear beschreibbaren Prozess. Durch die Art der Modellierung eignet er sich nicht nur zur Darstellung der<br />
Diffusion, sondern der "Diffusion of Technologies and Social Behaviour"[siehe das gleichnamige Buch von Grübler (1991)] was von ähnlich<br />
aufgebauten Modellen sozialen kollektiven Verhaltens bestätigt wurde; Vgl. z.B. Schelling (1971;1972;1978). Die bisherige Diffusionsforschung<br />
sowie die innerhalb dieser stattgefundene Erforschung von Schwellenwerten und kritischen Massen wird in Valente (1991, S.5ff) zusammengefasst.<br />
274 Im Gegensatz zu den bisher vorgestellten Modellen wird die Diffusion nur einer einzigen Innovation modelliert, wie z.B. Faxgerät, Btx u.a.,<br />
wahrscheinlich unter anderem deswegen, weil die Unterschiede zwischen zwei substitutiven, konkurrierenden Innovationen nicht über Effizienz-<br />
oder Nutzenkriterien bestimmt werden können. Außerdem stellt die Diffusion einer Innovation einen Idealfall dar, dass sie eine per Definition<br />
(s.o.) neue Handlungsalternative darstellt, die vorher gar nicht zur Wahl stand. Obwohl der in folgenden aufgezeigte Erklärungsansatz<br />
zur Beschreibung der Diffusion von sozialem Verhalten prinzipiell ebenso geeignet ist, ist bei ihm eine solche Annahme der absoluten Erstmaligkeit<br />
nur schwerlich zu machen, außer in dem Fall, dass die soziale Verhaltensweise erst mit der Innovation entsteht (Telefonieren', Fernsehen',<br />
usw.).<br />
275 Vgl. hierzu und zum folgendem Valente (1991, S.1ff)<br />
276<br />
Ausführlich zu sozialen Netzwerken siehe Leinhardt (1977)<br />
277<br />
Vgl. Valente (1991, S.30ff)<br />
278<br />
Zur strukturellen Äquivalenz siehe auch Lorrain (1977)<br />
279<br />
Zum Beinflussungsfeld siehe auch Levine (1977)<br />
78<br />
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