Selbstorganisation M11b.pdf
Selbstorganisation M11b.pdf
Selbstorganisation M11b.pdf
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
insbesondere für:<br />
Marktprozesse, in denen Erwartungen eine wesentliche Rolle spielen (Kapitalmarkt, Börse,<br />
Rohstoffpreise, Konjunkturzyklen, Diffusion von Innovationen)<br />
Situationen, in denen andere Gründe vorliegen, dass die individuellen Entscheidungen<br />
nicht losgelöst vom sozialen Umfeld fallen (Regionale Mobilität, Markt für Parteienpräferenzen,<br />
Technikakzeptanz) 105<br />
Schon die sehr schwammige Formulierung des letzteren weist darauf hin, dass die Trennlinie,<br />
ab der sich sowohl das individuelle Entscheidungsverhalten als auch das Systemverhalten<br />
losgelöst vom sozialen Kontext herausbilden, nur sehr schwer - wenn überhaupt- zu ziehen<br />
ist 106 . Dies wird schon dadurch deutlich, dass das Konsumentenverhalten selbst bezüglich<br />
relativ unbedeutender Produkte in starkem Maße von sozial erzeugten Faktoren, nämlich<br />
Moden bzw. Marken abhängen kann 107 .<br />
Wie schon oben vermerkt sind diese Erkenntnisse weder für Wirtschafts- noch für Sozialwissenschaftler<br />
grundlegend neu. Der originäre Beitrag, der mittels der Analogie zu dissipativen<br />
Strukturen geleistet wird, ist der, dass das anhand dieser entwickelte mathematische Instrumentarium<br />
nunmehr auf sozioökonomische Systeme angewendet werden kann; die in der<br />
mathematischen Theorie gewonnenen Erkenntnisse können für die Analyse derselben genutzt<br />
werden, wodurch sozioökonomische Tatbestände und Strukturen einer quantitativen<br />
Modellierung zugänglich werden, welche die Formulierung stringenter und widerlegbarer Aussagen<br />
erzwingt 108 .<br />
Insbesondere die mathematische Formalisierung der Synergetik bietet eine fruchtbare Ansatzmöglichkeit,<br />
die in den Naturwissenschaften beobachteten Mechanismen interdependenten<br />
Verhaltens und den durch sie gemachten Erkenntnisfortschritt auf wirtschaftliche und<br />
soziale Phänomene zu übertragen. Um die obige Fragestellung, wie groß die gegenseitigen<br />
Verflechtungen von individuellem ökonomischem Handeln und sozialem Kontext in einem<br />
spezifischen sozioökonomischen System sind, fürs erste zu umgehen, soll an einem per Definition<br />
sozialem Modell gezeigt werden, dass zur Erklärung komplexer sozialer Strukturen<br />
nicht notwendigerweise ein hochkomplexes Modell mit vielen Variablen und Variablenbeziehungen<br />
erforderlich ist:<br />
105<br />
Vgl. Erdmann (1989 S.243f)<br />
106<br />
"So kann - wie es im späteren in dieser Arbeit getan wird- ja sogar die Marktkoordination als interdependenter, Selbstorganisierender Prozess<br />
gedeutet werden.<br />
107<br />
Diese Aussage wird durch den Beitrag, den die Werbung zur Schaffung von Moden und Marken geleistet hat, noch unterstrichen. Während<br />
früher, wenn auch verzerrt, die Information über das Produkt im Vordergrund stand ("Wäscht 240m Wäsche."), hat in den letzten Jahren ein<br />
schlagartiger Wandel zur Erlebniswerbung' stattgefunden ("Hey Good Looking). Das heißt die Produkte üben erst durch die Einbettung in einen<br />
sozialen Kontext eine starke Reizassoziation aus.<br />
108<br />
Mit quantitativen Modellbildungen beschäftige sich Weidlich/Haag (1983) ausführlich; zu den Problemen, die Modellbildungen aufwerfen,<br />
siehe Schnabl (1985)<br />
Seite 22