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Selbstorganisation M11b.pdf

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pretiert und deswegen mit evolutionären Vorgängen in Verbindung gebracht. Dieser anscheinende<br />

„short-cut“ erfährt seine Begründung in der Vorstellung, dass die Evolution<br />

über die Entdeckung objektiv vorhandener, subjektiv aber nicht wahrgenommener, Handlungszustände<br />

beschrieben werden kann 342 . Der „Stochast“', der durch ein Springen in<br />

einen vorher subjektiv noch nicht wahrgenommene Handlungszustand vom Durchschnittsverhalten<br />

abweicht, wird zum Innovator 343 .<br />

Somit müssten sich theoretisch evolutorische Prozesse prinzipiell z.B. mit Hilfe der Master-Gleichung<br />

darstellen lassen 344 .Die Einschränkung bleibt jedoch die, dass dem Modell-<br />

342 3 42 Dieser Sicht leistete auch Schumpeter Vorschub, indem er mit dem "kreativen' Unternehmer die Einführung von Neuerungen zwar<br />

endogen, aber in wenig befriedigender Weise erklärt; Vgl. Schumpeter (1912; 1947). Das Problem wird "durch die Annahme stets schon<br />

gegebener und bekannter Inventionen einfach reduziert"; Witt (1987, S.41). Die Kreativität' liegt dann in der Transformation von Inventionen<br />

zu Innovationen und somit in der liier postulierten selbstorganisatorischen Betrachtungsweise im Entdecken subjektiv 'neuer' Informationen,<br />

im Sinne von subjektiv 'neuen' Handlungsmöglichkeiten. "Bemerkenswert ist, dass die Information, auf der alle Innovationen<br />

fußen, als exogen gegeben und frei verfügbar aufgefasst wird. Den zu beobachtenden Neuerungen scheinen fertige Blaupausen' zugrunde<br />

zu liegen. Es bedarf jeweils nur der ausgewählten befähigten Leute, die sie durchsetzen"; Witt (1987, S.38). Aus makroskopischer Sicht<br />

können diese Innovatoren dann als sich 'nicht-durchschnittlich' verhaltende Personen, also als Abweichungen vom Mittelwert, angesehen<br />

und gefolgert werden, dass "it is just this diversity, which drives evolution!" Allen ( 1988, S.108). Damit erfährt das synergetische Konzept<br />

der Wahrscheinlichkeit eine zusätzliche Bedeutung als Konzept zur modelltheoretischen Antizipierung von Neuerungsverhalten. So<br />

schreibt Erdmann (1990, S.139): "Verlässt man nämlich den Bereich der Mikroökonomik und betrachtet die Gesamtheit der Akteure,<br />

drückt sich die Streubreite des individuellen Neuerungsverhalten in der Varianz entsprechender gesamtwirtschaftlich aggregierter<br />

Verhaltensfünktionen aus". Hieraus schlussfolgert er, dass die Mastergleichung ein adäquates "Modellkonzept evolutionärer Prozesse"<br />

ist: "Die wesentliche Eigenschaft solcher Gleichungssysteme besteht darin, dass sich die von ihnen beschriebene Dynamik global ändern<br />

kann, wenn einzelne Parameter gewisse kritische Werte überschreiten. Solche globalen Änderungen des Charakters der Dynamik werden<br />

als Phasenübergänge bezeichnet. Da die Natur der Lösungen jedoch nicht durch äußere Vorgaben erzwungen wird, sondern sich aufgrund<br />

der inneren (nichtlinearen) Struktur des Systems ergibt, hat man damit ein paradigmatisches Modell offener Entwicklungen oder,<br />

wenn man will, für 'das zeitliche Verhalten von Systemen, in denen Neuerungen auftreten und sich ausbreiten'(Witt 1987, S.9)";Erdmann<br />

(1990, S.145).<br />

343 Allen (1988) veranschaulicht diese Vorstellung an einem Modell "far removed from that of hi-tech' and 'Silicon Valley'" (Allen (1988, S.l<br />

10)), welches das Verhalten von Fischern simulierte. Es zeigt das Zusammenspiel von sich verändernden Fischbeständen in den verschiedenen<br />

Gebieten und dem Verhalten der Fischer. Abstrahierend identifizierte er zwei Extreme: Auf der einen Seite die 'Stochasten', die ohne<br />

jegliche ökonomische Rationalität stochastisch durchs Meer diffundieren; auf der anderen Seite die Kartesianer', die absolut präzise<br />

die verfügbare Information abschätzen und mit der Wahrscheinlichkeit 1 zu dem Punkt mit der größten Attraktivität fahren. Obwohl die<br />

rigorose Trennung zwischen den beiden Extremen wohl der Realität nicht entspricht, sondern eine Vielfalt von 'mixed-types' vorzufinden<br />

sein wird, können so doch die realen Vorgänge gut simuliert werden. Die 'risk-takers' entdecken 'neue' Potentiale (nicht im Sinne der Potentialfunktionen!)<br />

und dadurch, dass die Informationen über diese diffundieren, folgen ihnen die Kartesianer'. Obwohl dies zum einen<br />

von Allen weder explizit noch implizit angedeutet wird, zum anderen hier erst die nachfolgenden Kartesianer die Entdeckung' effizient<br />

ausbeuten, so wird doch durch dieses Modell die Schumpetersche Vorstellung von der Entdeckung eines Potentials durch (einen) Innovator,<br />

die eine Gruppe von Imitatoren nach sich zieht, reflektiert<br />

344 So entwarfen Haag und Weidlich [Vgl. hierzu Haag (1987)) und Weidlich (1983, S.141ff)] auf Basis der Mastergleichung ein Modell, das<br />

den Schumpeterschen Prozess von Innovation und Imitation auf der aggregierten Ebene der Investitionen beschreibt: "It is called 'the<br />

Schumpeter Clock' here...,since its moving parts, driving mechanism and control devices are typically Schumpeterian and not neoclassical<br />

or neo-keynesian...In particular, the model operationalizes the Schumpeterian notion of the Prime Mover, i.e., innovators and<br />

Imitators, who create and propagate microeconomic differences"; Haag (1987, S.187f). "The creation of such differences (leading to<br />

competitive advantages among rivaling producers) is the objective of the Strategic Investments of entrepreneurs, which are classified here<br />

according to their respective purposes as 'expansionary' or 'rationalising' ...From the notion of a dynamics of the shifts between differentiation<br />

(innovation) and conformative behaviour (imitation) the main argument for the cyclicity of industrial (short-term) development<br />

presented here is derived"; Weidlich (1983, S.142). Expandierende Investition wird mit Produkt-, rationalisierende Investition mit Prozessinnovationen<br />

in Verbindung gebracht. Die entscheidenden, die Entwicklung der Investorenkonfiguration beeinflussenden, Kräfte sind<br />

auch hier zum einen eine Konformitätskraft, 'The Coordinator', der über den Parameter K "manifests itself as a synchronization effect of<br />

investments of the same type undertaken by a majority of investors" [Haag (1987, S.200)]; zum anderen eine Präferenzkraft, The Altemator',<br />

der über den Parameter 8 "initiates the reversal of strategic bias"[Haag (1987, S.200)]. Beide "determine the transition probabilities<br />

at any point in time" [Haag (1987, S.200)]. Um die 'Schumpeter-Clock' am Laufen zu halten wird der 'Altemator' 8, der die Rolle einer<br />

"trend setting function" [Haag (1987, S.203)]spielt, dynamisiert (bei konstanten Parametern würde sich sonst nach einer Zeit ein stabiles<br />

Gleichgewicht herausbilden, in dem das System verharrt) und zwar gemäß der Vorstellung, dass, z.B. wenn mehr und mehr Investoren expansionäres<br />

Investment betreiben, einige Innovatoren (Pioniere) auf den Plan treten und versuchen ihre Wettbewerbsposition durch das<br />

'Adoptieren' einer nicht-konformistischen Strategie zu verbessern und so "capture quasi-rents due to differentiation"(Haag (1987.S.203)).<br />

In diesem Fall investieren sie in kostenreduzierende Investments (rationalisierende Investitionen) und 'zwingen' so die anderen, diese<br />

Strategie in Erwartung weiterer Kostenreduktionen im Markt zu imitieren. Der gleiche Prozess kann natürlich in die Entgegengesetzte<br />

Richtung verlaufen: Dann wird die Masse der rationalisierenden Investoren durch Produktinnovationen der 'Trend-Setter' zu "quality updating<br />

behaviour"(ebenda), also wie im ersten Fall zur Imitation, gezwungen. Durch diesen ewigen Kreislauf von Innovation' und Imitation'<br />

wird "the Synchronisation to be observed in the occurence of Business cycles"(ebenda) kreiert. Der Altemator 8 wird zu einer Funktion<br />

in der Zeit, wobei er sich in Abhängigkeit von vier weiteren Parametern, der Soziokonfiguration und seinem eigenen Zustand verändert.<br />

Anschaulich kann man sagen, dass sich durch diese Dynamisierung die Potentialfunktion, die bei konstanten Parametern die mögli-<br />

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