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In Book About Us: Erlebnisreisen auf Nord - und Ostsee s.144-151

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56 <strong>Nord</strong>see<br />

haarsträubende geschichte<br />

Es brist zunehmend <strong>auf</strong>, vierkant von vorn, Regenböen waschen die Brückenscheiben,<br />

<strong>und</strong> die Wellenkämme schäumen. »Typisch mal wieder«, brummt Chiefofficer Padellec,<br />

hier Capitaine genannt – weil er wie auch der Commandant das entsprechende Patent<br />

hat –, beim Blick <strong>auf</strong> die graue Einheitssuppe aus See <strong>und</strong> Himmel, »englisches Wetter!«.<br />

Der Mann aus der bretonischen Hafenstadt Lorient fuhr zwanzig Jahre in der Fischerei,<br />

»hauptsächlich Biskaya <strong>und</strong> Irische See, das war extrem hart, besonders im Winter«. Hier<br />

sei das dagegen wie Zuckerschlecken.<br />

Das meint auch der philippinische Matrose Gaudencio Martinez. Während der abendlichen<br />

Acht-Zwölf-Wache berichtet er emotionslos von seiner sechsjährigen Arktis- <strong>und</strong><br />

Antarktisfahrtzeit <strong>auf</strong> koreanischen Fischtrawlern. Zu sechst hausten sie in einer eiskalten,<br />

engen, muffigen <strong>und</strong> ständig nach Fisch stinkenden Kammer. Es gab nur eine Dusche für<br />

30 Mann <strong>und</strong> daher ständig Aggressionen. Bis zu einem Jahr waren die Männer ununterbrochen<br />

an Bord, unter widrigsten Wetter- <strong>und</strong> Sozialbedingungen. Den Job konnte<br />

der Familienvater nicht ablehnen, »sonst hätte mich die Crewing-Agentur nie wieder<br />

genommen«, sagt er. Ausbeutung pur. »Hier verdiene ich mehr <strong>und</strong> lebe viel besser«,<br />

ist der kleine, drahtige Mann zufrieden. Der Bericht schnürt einem die Kehle zu. Selbst<br />

der sonst so gesprächige Wachoffizier Loic ist für ein paar Augenblicke sprachlos. Bis<br />

die englische Küstenwache mit ihren Funkanfragen an durchfahrende Schiffe nach dem<br />

Woher, Wohin <strong>und</strong> der Ladung die eingetretene Brückenstille durchbricht.<br />

Am Westausgang des Englischen Kanals empfängt der Atlantik das r<strong>und</strong> 34 Meter<br />

hoch über die Wasserlinie <strong>auf</strong>ragende Schiff mit waagerecht peitschendem Regen <strong>und</strong><br />

heranrollendem Schwell. Bei jedem Eintauchen in ein langgestrecktes Tal erzittert der<br />

Rumpf. So lernen die Flugzeugteile im Laderaum wenigstens einmal die »Freuden« der<br />

Seefahrt kennen.<br />

Dennoch: Das sonntägliche Menü mit Steak <strong>und</strong> Pommes frites samt üppigem, sahnegekröntem<br />

Eisdessert genießen alle ausgiebig. Zum Abendessen auch den monströsen<br />

Hamburger. Doch in den Schlaf findet dank rapider Sichtverschlechterung keiner so recht.<br />

Alle zwei Minuten dröhnt das Nebelhorn einmal lang. Bis Kaffeeduftschwaden durch die<br />

Klimaanlage kriechen <strong>und</strong> die Nacht endgültig gel<strong>auf</strong>en ist.<br />

grünes Paradies<br />

Seit sieben Uhr ist der französische Lotse an Bord. Der Rudergänger steuert jetzt nach<br />

seinen Gradangaben mit der Hand. City of Hamburg stemmt sich der braunen Loire<br />

entgegen. Vor Saint-Nazaire wird der mit 1.030 Kilometer längste Fluss Frankreichs<br />

von einer gewaltigen Brücke überspannt. Ameisengleich kriecht über sie der stockende<br />

morgendliche Berufsverkehr. An Backbord ein weißer Riese <strong>auf</strong> der Werft: der Neubau<br />

NCL Eclipse, mit 155.000 Tonnen das größte je dort gebaute Kreuzfahrtschiff.<br />

Beim Anlegen hilft die feine Rolls-Royce-Technik des Bugstrahlruders. Commandant Dupré<br />

de Boulois schaltet erleichtert die Navigationsgeräte ab, als sein Schiff pünktlich um 8.30 Uhr<br />

festgemacht ist. 910 Seemeilen hat es von der Elbe an die Loire unter den Kiel genommen.

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