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Verfassungsschutzbericht 2010 - U18

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VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT BERLIN <strong>2010</strong><br />

V<br />

wohlfühlt und sie mitnichten infrage stellt. Deshalb muss verantwortungsvolle<br />

Politik und verantwortungsvolle Verwaltung sehr darauf achten,<br />

dass wir Defizite, Fehler und Missbräuche von einzelnen Organisationen<br />

sehr genau benennen, ohne dass dies pauschal auf ganze Bevölkerungsgruppen<br />

übertragen wird. Für mich stellt sich deshalb auch die<br />

Frage, ob die Begrifflichkeiten, die wir verwenden, richtig sind. Das gilt<br />

insbesondere für den Begriff „Islamismus“, mit dem die Wissenschaft<br />

und auch der Verfassungsschutz Gruppierungen und Menschen umschreibt,<br />

die den Islam für politische Zwecke instrumentalisieren und<br />

missbrauchen. Der Begriff scheint mir wissenschaftlich verfehlt. In der<br />

Öffentlichkeit wird zwischen einem Anhänger des Islam und einem sogenannten<br />

Islamisten kaum differenziert. Die Öffentlichkeit hat die feine<br />

Differenzierung, die von Wissenschaft und Verfassungsschutz gemacht<br />

wurde, nicht verinnerlicht. Islamisten und Islamanhänger werden im öffentlichen<br />

Sprachgebrauch gleichgestellt. Damit besteht aber genau die<br />

Gefahr, die ich beschrieben habe: Dass eine ganze Bevölkerungsgruppe<br />

ausschließlich wegen ihrer Religionszugehörigkeit ausgegrenzt wird. Im<br />

Grunde geht es darum, diejenigen zu benennen, die wie Linksextremisten<br />

oder Rechtsextremisten als religiöse Extremisten unsere demokratische<br />

Grundordnung in Frage stellen. Das ist durch den verkürzten Begriff<br />

des „Islamismus“ eben nicht zu vermitteln. Im Vergleich zu anderen<br />

Religionsanhängern zeigt der Begriff, dass er im allgemeinen Sprachgebrauch<br />

nicht ausreichend verstanden werden kann. Der Katholizismus,<br />

Hinduismus oder Buddhismus wird in der öffentlichen Wahrnehmung<br />

nie mit extremistischen Bestrebungen in Verbindung gebracht. Warum<br />

die öffentliche Wahrnehmung für eine einzige Religion, nämlich den<br />

Islam, aus der Kennzeichnung etwas anderes herleiten soll als bei den<br />

anderen Religionen, ist nicht nachvollziehbar. Ich plädiere deshalb dafür,<br />

unsere Begrifflichkeit zu ändern und den Begriff „Extremisten“ auch<br />

bei den sich auf den Islam berufenden Extremisten zu verwenden.<br />

Im Bereich des Linksextremismus war das Jahr <strong>2010</strong> vom Rückgang der<br />

politisch motivierten Gewalt geprägt. Insbesondere wurden im Jahre<br />

<strong>2010</strong> deutlich weniger Autos in Brand gesetzt. Aber auch im Bereich des<br />

Linksextremismus werden wir weiter wachsam bleiben müssen. Die<br />

Gewaltbereitschaft ist nach wie vor da. Das zeigt der Anschlag auf Polizeibeamte<br />

während einer Demonstration im Juni <strong>2010</strong>. Das zeigen auch<br />

die jüngsten Ausschreitungen Anfang 2011 nach der Räumung eines<br />

Hauses in der Liebigstraße.

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