18.11.2013 Aufrufe

Madam Guyon - Die geistlichen Stroeme - Gott ist die Liebe

Madam Guyon - Die geistlichen Stroeme - Gott ist die Liebe

Madam Guyon - Die geistlichen Stroeme - Gott ist die Liebe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

anzufüllen. Man darf nicht dulden, daß sie sich der Ruhe hingeben, sondern man muß<br />

sie eilen lassen, natürlich nur nach dem ihnen gegebenen maß des Vermögens, bis es<br />

<strong>Gott</strong> gefällt, ihre Arbeit zu erleichtern und ihren mühseligen Gang zu beschleunigen,<br />

indem er ihnen etwa einen helfenden Freund entgegensendet, der sie stützt, oder um<br />

in unserem Bild zu bleiben, bis <strong>die</strong>ses kleine schwache Bächlein jenen graderen Fluß<br />

oder mächtigen Strom findet, der es in sein Flußbett aufnimmt und es mit sich<br />

fortreißt bis zum Meer.<br />

Ich weiß nicht, warum man so heftig schreit gegen Bücher über das ge<strong>ist</strong>liche<br />

Wachstum und Personen, <strong>die</strong> über das innere Leben schreiben oder reden. Ich<br />

behaupte, daß weder <strong>die</strong>se noch jene Schaden anrichten können, es sei denn für solche<br />

Menschen, <strong>die</strong> mutwillig verlorengehen wollen. Solchen aber würde nicht nur <strong>die</strong>ses,<br />

sondern alles andere zum Schaden gereichen. Sie gleichen den Spinnen, welche sogar<br />

aus den Blumen Gift saugen. Was aber <strong>die</strong> Demütigen und nach der Vollkommenheit<br />

strebenden Menschen betrifft: ihnen kann das Gelesene oder Gehörte um so weniger<br />

schaden, als es unmöglich <strong>ist</strong>, daß ein Mensch (wie bei der Bibel) ohne ge<strong>ist</strong>liche<br />

Erleuchtung <strong>die</strong>se Dinge begreifen oder benutzen kann.<br />

Wenn es an <strong>die</strong>sem <strong>ge<strong>ist</strong>lichen</strong> Verständnis fehlt, so mag man lesen was man will: man<br />

wird keine richtige Vorstellung von <strong>die</strong>sen Zuständen gewinnen, weil sie<br />

übernatürlich, ge<strong>ist</strong>lich sind und nicht unter <strong>die</strong> natürliche Vorstellungskraft fallen,<br />

wohl aber unter <strong>die</strong> Erfahrung. Selbst, wenn ein Leser, ohne es zu verstehen, sich<br />

Ausdrücke merkt und, um als ein „Eingeweihter“ zu erscheinen, sich ihrer Be<strong>die</strong>nt,<br />

würde der erfahrene Seelsorger durch Frage und Antwort den Betrug bald merken.<br />

Dazu kommt noch, daß <strong>die</strong>se ge<strong>ist</strong>liche Erfahrung viele andere voraussetzt und, daß<br />

<strong>die</strong> Vollkommenheit mit dem inneren Fortschreiten gleichen Schritt hält. Das heißt<br />

nicht, dass Menschen, <strong>die</strong> im inneren Leben vorangeschritten sind, keine Gebrechen<br />

mehr an sich haben könnten, <strong>die</strong> größer scheinen als <strong>die</strong> Fehler derer, <strong>die</strong> den Weg erst<br />

begonnen haben. Aber <strong>die</strong>se Mängel sind weder gleich in ihrem Wesen noch in ihrer<br />

Qualität.<br />

Der zweite Grund, weshalb ich sage, dass <strong>die</strong>se Bücher keinen Schaden anrichten<br />

können, <strong>ist</strong> <strong>die</strong>ser: in ihnen wird, wie z.B. in der Bergpredigt und den anderen Reden<br />

Jesu, von so vielen Toden geredet, <strong>die</strong> man erleiden, so vielen Absagen, <strong>die</strong> man<br />

vollziehen, so vielen Dingen, <strong>die</strong> man überwinden oder kreuzigen muß, daß der<br />

Mensch in sich niemals Stärke genug haben wird, sich auf das alles einzulassen, wenn<br />

sein Inneres nicht aufrichtig <strong>ist</strong>. Und gesetzt, er unternähme es doch, so würden allein<br />

seine Übungen schon ihn zu dem Ergebnis seiner Betrachtung verhelfen, daß man<br />

nämlich in <strong>die</strong> Mitkreuzigung bewußt eingebe. Der ganze Unterschied besteht darin,<br />

das ein solcher Mensch nicht aus einem göttlichen, sondern nur aus einem<br />

tugendhaften Grund handeln würden.<br />

Und das kann der erfahrene Seelsorger leicht feststellen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!