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Madam Guyon - Die geistlichen Stroeme - Gott ist die Liebe

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Unrat, der nicht mehr vorhanden <strong>ist</strong>, sondern das Gröbere, <strong>die</strong> Kleie der Eigensucht<br />

und Eigenliebe, also daß nichts übrigbleibt als <strong>die</strong> Blüte des Mehls, das Zarteste und<br />

Feinste, das allein tauglich <strong>ist</strong> für den Tisch des Königs bereitet zu werden. Es wird zu<br />

dem Zweck wohl geknetet und verliert durch solche Behandlung nicht wenig von<br />

seiner vorigen Weiße und Schönheit, was noch mehr der Fall <strong>ist</strong>, wenn es nun zu einem<br />

unscheinbaren Teig verarbeitet, und noch mehr, wenn es der Glut das Feuers<br />

preisgegeben wird. Doch zuletzt <strong>ist</strong> es gar geworden und wird nun dem König<br />

vorgelegt, der sich dann mit ihm vereinigt, nicht nur durch <strong>die</strong> Berührung, sondern<br />

auch durch den Genuß, indem er es ißt, verdaut und vernichtet. So geht es am Schluß<br />

in des Königs Fleisch und Blut über. Mit Verlust der eigenen Ex<strong>ist</strong>enz wird es in <strong>die</strong><br />

Substanz des Königs verwandelt.<br />

So scheint mir der erhabene Stand, von dem wir reden, einigermaßen versinnbildlicht.<br />

Es <strong>ist</strong> der Stand der Verklärung in das Bild Jesu, wo <strong>die</strong> Seele nach so unzähligen<br />

Worfelungen, Sichtungen, Läuterungen und Reinigungen am Ende nicht nur in das<br />

Bild des Herrn umgestaltet, sondern nach dem Verlust aller Eigenheit der göttlichen<br />

Natur teilhaftig wird, mit ihm eins.<br />

<strong>Die</strong>ser Stand <strong>ist</strong> wenig bekannt, darum läßt sich auch nicht von ihm reden. Aber, o<br />

Stand des Lebens, wie <strong>ist</strong> der Pfad, der zu dir führt, so schmal und eng! 0 <strong>Liebe</strong>,<br />

lauterer als alle <strong>Liebe</strong>! Denn du b<strong>ist</strong> <strong>Gott</strong> selbst. 0 <strong>Liebe</strong>, unermessliche unabhängige,<br />

<strong>die</strong> nicht verengt oder versehrt werden kann, weder durch den Tod, noch durch <strong>die</strong><br />

Sünde, durch keinen Grimm und Zorn der Ewighassenden Mächte!<br />

Trotzdem scheinen gerade <strong>die</strong>se Menschen, wie schon gesagt, zu den normalsten und<br />

gewöhnlichsten zu gehören. In ihrem Äußeren <strong>ist</strong> nichts, was sie hervorhebt, nur eine<br />

unbegrenzte Freiheit, <strong>die</strong> sogar solchen Menschen zum Ärgernis gereicht, <strong>die</strong><br />

beschränkt und noch eingeengt in sich selbst sind und ohne Besseres zu ahnen, als was<br />

sie besitzen, denn alles, was sie nicht besitzen, für verwerflich halten. Aber <strong>die</strong> Freiheit,<br />

<strong>die</strong> sie in <strong>die</strong>sen so schlichten und einfältigen Menschen verdammen, <strong>ist</strong> eine<br />

unvergleichlich erhabenere Heiligkeit, als alles, was sie für heilig halten. In <strong>die</strong>sem<br />

Sinne muss es gedeutet werden, wenn der Prediger Salomo sagt: „Daß des Mannes<br />

Untugend mehr wert sei, als Frauentugend“. Denn <strong>die</strong> scheinbaren Fehler <strong>die</strong>ser<br />

Männerseelen, <strong>die</strong> allein den Männernamen zu führen ver<strong>die</strong>nen, sind allerdings den<br />

Ver<strong>die</strong>nsten jener weiblichen Gemüter vorzuziehen, <strong>die</strong> das Gute, wofür sie zu<br />

brennen vorgeben, auf eine so matte und laue Weise üben. Sie sind nicht heiß noch<br />

kalt. Es kanten ja <strong>die</strong> Werke, <strong>die</strong> sie verrichten, keinen höheren Wert haben, als der<br />

Urgrund, aus dem sie entspringen, der, wenn auch erhöht und veredelt, doch immer<br />

nur der eines schwachen Geschöpfes <strong>ist</strong>.

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