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Madam Guyon - Die geistlichen Stroeme - Gott ist die Liebe

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Entfremdung, des Genusses und der Entbehrung, solange stehen wir noch nicht auf<br />

<strong>die</strong>ser Stufe, sondern auf einer anderen.<br />

Denn hier kann <strong>Gott</strong> nicht mehr geschmeckt, empfunden, gesehen werden, da wir<br />

nicht mehr wir sind, sondern er es <strong>ist</strong>, er, der aufgehört hat, sich zu unterscheiden:<br />

„Nun lebe nicht mehr ich, sondern Chr<strong>ist</strong>us in mir“. Wenn jemand an einer<br />

unüberwindlichen Abscheu vor einer Speise litte, und doch ohne sie leben könnte, so<br />

würde er zuerst jenen Widerwillen spüren, danach das Unvermögen zu essen. Aber er<br />

würde keine Fülle oder Sättigung fühlen. Der Mensch hat jedoch jetzt weder Hang<br />

noch Geschmack an etwas. Im Stande das Todes und des Grabes war das zwar auch<br />

der Fall. Aber nicht auf <strong>die</strong> gleiche Weise.<br />

Dort entsprang es aus Ekel und Unvermögen. Hier dagegen <strong>ist</strong> es eine Folge der Fülle<br />

und das Überflusses. Angenommen, jemand könnte von der Luft leben, so würde er<br />

erfüllt sein, ohne seine Fülle zu empfinden oder zu wissen, woher sie ihm gekommen<br />

sei. Er würde weder leer zu nennen sein noch unvermögend, Speise zu sich zu nehmen.<br />

Aber er würde der Speise nicht bedürfen infolge jener Fülle, ohne dass er wüßte, wie<br />

<strong>die</strong> Luft, <strong>die</strong> von allen seinen Poren eingesogen würde, ihn mit solcher<br />

Gleichmäßigkeit durchdringe.<br />

<strong>Gott</strong> selbst <strong>ist</strong> dem wieder lebendig gewordenen Menschen jene Luft, <strong>die</strong> ihm<br />

natürlich und notwendig <strong>ist</strong>, um sein neues Leben zu erhalten, und er empfindet ihn<br />

ebenso wenig, als wir <strong>die</strong> Luft empfinden, <strong>die</strong> wir atmen. Trotzdem <strong>ist</strong> er erfüllt, und es<br />

fehlt ihm nichts. Daher hört auch alle Begehrlichkeit auf.<br />

Der Friede <strong>ist</strong> so groß, wenn auch anderer Art, als in den früheren Standen. In dem<br />

vorangegangenen Stand war es eine Art von lebloser Ruhe, eine Grabesstille, <strong>die</strong><br />

gewissermaßen durch <strong>die</strong> Arbeit der Verwesung und Zerstörung getrübt wurde.<br />

Danach, als der Mensch Staub und Asche geworden war, war er freilich auch im<br />

Frieden, aber es war ein unfruchtbarer Friede, ohne Trost, Genuß und Leben. Es war<br />

ein Friede, dem Frieden eines Toten zu vergleichen, der von den Wellen des empörten<br />

Meeres umhergeworfen wurde. Er würde freilich von den Stürmen nichts wissen, noch<br />

vom wogenden Meer. Er würde weder das eine fürchten, noch das andere. Aber <strong>die</strong>s<br />

nur deshalb, weil das Leben ihm mangelte und <strong>die</strong> Empfindung. Hier aber sieht der<br />

Mensch sich hinausgehoben über <strong>die</strong> Stürme und über das Meer. Er sieht, wie von der<br />

Höhe eines unzugänglichen Felsens herab, <strong>die</strong> Fluten in der Tiefe wühlen, ohne ihre<br />

Wut zu fürchten. Oder, wenn man es so lieber will, er gleicht dem, welchem gegeben<br />

<strong>ist</strong>, auf dem Grunde des Meeres zu hausen und zu wohnen. Der Grund bleibt ruhig,<br />

wie sehr es auch auf der Oberfläche stürmen mag. <strong>Die</strong> Sinne mögen leiden, aber der<br />

Grund bleibt derselbe, weil der, der ihn besitzt, wechsellos und unwandelbar <strong>ist</strong>:<br />

„Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachten, so b<strong>ist</strong> du doch, <strong>Gott</strong>, allezeit meines<br />

Herzens Trost und mein Teil“.

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