Madam Guyon - Die geistlichen Stroeme - Gott ist die Liebe
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0 ihr Teuren, werft euch mit gebeugtem Haupt und verschlossenen Augen blindlings<br />
hinein in <strong>die</strong>se große <strong>Liebe</strong> <strong>Gott</strong>es. Voller Vertrauen wandelt auf <strong>die</strong>sem stürmischen<br />
Meer, durch das Wort Jesu gestützt, der verheißen hat zu suchen, was verloren <strong>ist</strong> und<br />
zu sorgen für alle, <strong>die</strong> sich ihm überlassen. Solltet ihr aber sinken, wie der heilige Petrus<br />
sank, so glaubt fest, daß nur <strong>die</strong> Schwachheit eures Glaubens daran schuld sei, und daß<br />
der Herr euch bei der Hand nimmt und wieder heraufholt.<br />
Ach wenn wir Glauben hätten auch nur wie ein Senfkorn! Das Wasser würde uns nicht<br />
naß machen, das Feuer uns nicht brennen, kein Blick uns verzehren, Löwen würden<br />
Lämmer werden, und Leoparden und Tiger gleich zahmen Hündlein und uns <strong>die</strong><br />
Hände lecken. Was seufzt du, verzagter Mensch? Was hindert dich, dich ganz<br />
hinzugeben? Hast du Angst, du möchtest ganz verlorengehen? Was wäre es denn so<br />
großes, wenn du verlorengingest? Allerdings wirst du verlorengehen, wenn du stark<br />
genug b<strong>ist</strong>, dich an <strong>Gott</strong> zu überlassen. Aber du wirst verlorengehen in ihm.<br />
0 glückseliger Verlust! So spreche ich noch einmal und möchte es noch tausendmal<br />
sprechen. 0, daß ich doch <strong>die</strong> ganze Welt überreden könnte zu <strong>die</strong>ser Hingabe! Und<br />
warum predigen unsere Prediger uns etwas anderes? Warum nicht allein <strong>die</strong><br />
Überlassung an <strong>Gott</strong> und außer ihr nichts anderes?<br />
II. Friede<br />
In dem jetzigen Stand gleicht der Mensch einem Felsen im Meer, der in<br />
unerforschlichen Tiefen gründet, unbeweglich und unerschütterlich steht, wenig auf<br />
<strong>die</strong> Stürme achtet, <strong>die</strong> um seine Klippen wüten, und <strong>die</strong> Meereswogen, <strong>die</strong> sich zu<br />
seinen Füßen brechen.<br />
Er <strong>ist</strong> dermaßen erhaben über alle Dinge, gerade durch den Verlust aller Dinge, daß<br />
nichts, weder im Himmel noch auf der Erde imstande <strong>ist</strong>, ihn aus seiner Höhe<br />
herabzuziehen (Ps. 73, 25).<br />
Auch <strong>die</strong> Sündigkeit der Kreatur gleitet an ihm vorüber und kann seine Reinheit nicht<br />
im geringsten trüben (1. Joh. 3, 6-9).<br />
Denn <strong>die</strong>se Reinheit <strong>ist</strong> nach der vollkommenen Vernichtigung alles Eigenen keine<br />
andere, als <strong>die</strong> Reinheit <strong>Gott</strong>es selber. Der Mensch befindet sich daher jetzt auch in<br />
einer völligen Unwissenheit des Bösen, sowie in einer Art von Unvermögen, das Böse<br />
zu tun. „Wer in ihm bleibt, sündigt nicht, ja, er kann nicht sündigen“. Obgleich nun<br />
nicht angenommen werden darf,