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Madam Guyon - Die geistlichen Stroeme - Gott ist die Liebe

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Gebet zwingen, so würde er ihn nicht nur ohne allen Nutzen quälen, sondern ihm auch<br />

einen unersetzlichen Schaden zufugen.<br />

Nun empfindet der Mensch ein so heftiges Verlangen zu leiden, daß er davon ganz<br />

matt und sterbend wird. Er möchte <strong>die</strong> Sünden der ganzen Welt zahlen und <strong>Gott</strong><br />

Genüge le<strong>ist</strong>en (Kol. 1, 24). Von jetzt ab wird es ihm schwer zu beichten und<br />

Absolution zu gewinnen, weil <strong>die</strong> <strong>Liebe</strong> ihm nicht erlaubt, seine Pein abkürzen zu<br />

wollen.<br />

Der Mensch glaubt in <strong>die</strong>sem Zustand, in dem inneren Stillschweigen zu sein, weil sein<br />

Wirken so leise, leicht und ruhig <strong>ist</strong>, daß er seiner selbst nicht gewahr wird. Er glaubt,<br />

zum Gipfel der Vollkommenheit gelangt zu sein. Er sieht nicht ein, daß irgendetwas für<br />

ihn in <strong>die</strong>ser Welt sinnvoll sei, als sich dauernd des erworbenen Gutes zu freuen.<br />

<strong>Die</strong>ser Zustand dauert lange. Er wächst und steigert sich. Auch gibt es Menschen, <strong>die</strong><br />

nie über <strong>die</strong>s hinauskommen und zeitlebens darin beharren. Das <strong>ist</strong> natürlich kein<br />

Grund, daß sie nicht unter den Helligen glänzen sollten und <strong>die</strong> Bewunderung der<br />

Menschen sind. Allerdings fehlt es auch nicht an kurzen und vorübergehenden<br />

Trockenheiten auch in <strong>die</strong>sem Stand, <strong>die</strong> jedoch <strong>die</strong>se Menschen nicht aus ihrem<br />

Stand fallen lassen, sondern nur <strong>die</strong>nen, sie zu fördern.<br />

Auch <strong>die</strong>se so brennenden und nach <strong>Gott</strong> verlangenden Menschen fangen am Ende<br />

an, sich ruhig niederzulassen in <strong>die</strong>sem Stand. Unmerklich verliert sich jene liebende<br />

Wirksamkeit, <strong>die</strong> sie antrieb, ihrem Urgrund immer kräftiger zuzustreben. Sie lassen<br />

sich an ihrer Freude genügen und bilden sich ein, <strong>die</strong> Freude sei <strong>Gott</strong> selber. Ein<br />

solches Ausruhen aber und ein solcher Stillstand würde <strong>die</strong>sen Menschen zum<br />

unersetzlichen Schaden gereichen, wenn nicht <strong>Gott</strong> nach seiner unendlichen Güte sie<br />

schnellstens aus <strong>die</strong>sem Stand herauszögen, um sie übergehen zu lassen in den<br />

folgenden Stand.<br />

Ehe jedoch hiervon <strong>die</strong> Rede sein kann, müssen zuerst <strong>die</strong> Unvollkommenheiten<br />

<strong>die</strong>ses Standes dargestellt werden.<br />

2. <strong>Die</strong> Verwöhnung<br />

Der Mensch, der sich in dem beschriebenen Stand befindet, kann freilich in demselben<br />

weiterkommen. Er kommt auch weiter, indem er von <strong>Liebe</strong> zu <strong>Liebe</strong>, von Kreuz zu<br />

Kreuz eilt. Aber er gefällt sich oft dabei und <strong>ist</strong> so sehr der Sucht ausgesetzt, alles was er<br />

hat, sich selbst zuzuschreiben, daß er nur fortschleicht im Schneckengang, obgleich es<br />

ihm selbst und anderen so erscheint, er fliege mit Adlersflug. Der Fluß fließt hier noch

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