Madam Guyon - Die geistlichen Stroeme - Gott ist die Liebe
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Das geschieht, damit <strong>die</strong> Sinne aus ihrer mangelhaften Wirksamkeit herausgezogen<br />
und gezwungen werden, sich zu dem Inwendigen zu kehren. Indem sie der Außenwelt<br />
entwöhnt werden, fühlen sie sich im Inneren auf eine so freudenvolle Weise gebunden,<br />
daß sie sich für den Verlust aller äußeren Dinge überschwänglich entschädigt halten.<br />
Wenn sie aber für den <strong>Die</strong>nst des Inwendigen genügend gereinigt sind, wenn sie<br />
sozusagen eingeschult wurden, wenn nun <strong>die</strong> Zeit gekommen <strong>ist</strong>, wo der Mensch<br />
durch <strong>die</strong> gerade entgegengesetzte Richtung aus sich selbst herausgezogen werden<br />
soll, gestattet <strong>Gott</strong>, das sie von dem inwendigen gleichsam abgestoßenen Sinne sich<br />
wieder nach außen wenden und sich überwiegend wieder nach außen neigen. Dem<br />
Menschen selbst erscheint <strong>die</strong>s ein Rückfall in <strong>die</strong> vorige Unart und Unreinigkeit zu<br />
sein. Das <strong>ist</strong> es aber unter den jetzigen Umständen keineswegs. Wer den Sinnen mit<br />
Gewalt eine andere Richtung zu geben versuchte, würde hier <strong>Gott</strong>es Arbeit stören und<br />
das Werk seiner vollendeten Reinigung nicht fördern, sondern verzögern.<br />
Daß es bei einer solchen Wendung nach außen an mancherlei Versehen nicht fehlen<br />
wird, läßt sich erraten. Jedoch <strong>die</strong> Beschämung, <strong>die</strong> der Mensch darüber empfindet,<br />
und <strong>die</strong> Treue, womit er <strong>die</strong>se benutzt, hilft gerade den Aschenhaufen zu bilden, auf<br />
welchem er, wie einst Hiob, ganz und gar verwest. „Denen, <strong>die</strong> nur <strong>Gott</strong> lieben, muß<br />
alles zum besten <strong>die</strong>nen“. Hier <strong>ist</strong> es auch, wo man den letzten schwachen Rest der<br />
Achtung verliert, den <strong>die</strong> Leute bis jetzt einem noch erzeigten. Sie sehen das Elend mit<br />
Verhöhnung an und sagen: „Ist das nicht derjenige, den wir noch vor kurzem so sehr<br />
bewunderten? Wie <strong>ist</strong> er doch so entstellt worden und so unscheinbar“! Er aber<br />
antwortet und spricht: „Seht mich nicht an, daß ich so schwarz bin, es <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Sonne der<br />
<strong>Liebe</strong>, <strong>die</strong> mich so sehr verbrannt hat“. Und jetzt tritt er mit einem Mal über in den<br />
jammervollsten aller Stände, in den des Begräbnisses, der Verwesung und gänzlichen<br />
„Vernichtigung“.<br />
c) Mit Chr<strong>ist</strong>us begraben<br />
(Begräbnis — Verwesung — „Vernichtigung")<br />
Der Strom, nachdem er einmal aus seiner Quelle hervorgebrochen <strong>ist</strong> und den Abhang<br />
des heimatlichen Berges gefunden hat, hat nie aufgehört zu fallen und zu stürzen. Er <strong>ist</strong><br />
von Fels zu Fels gestürzt, von Zacke zu Zacke.<br />
Er hat sich an der Felswand gebrochen. Er <strong>ist</strong> mehr als einmal zu Schaum und Dunst<br />
zerstoben. Immer wieder haben seine Wasser sich jedoch aufs Neue gesammelt. Er hat<br />
seinen Lauf fortgesetzt. Man hat ihn über Stock und Stein fließen sehen, durch Bruch