18.11.2013 Aufrufe

Madam Guyon - Die geistlichen Stroeme - Gott ist die Liebe

Madam Guyon - Die geistlichen Stroeme - Gott ist die Liebe

Madam Guyon - Die geistlichen Stroeme - Gott ist die Liebe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Begrabenwerden und das zu Staubwerden: beides wird zu seiner Zeit und Stunde<br />

erfolgen.<br />

<strong>Die</strong> Kreuze folgen, <strong>die</strong> Kreuze mehren sich. Und je starker sie sich mehren, mehrt sich<br />

auch <strong>die</strong> Unfähigkeit, so, daß es dem Menschen scheint, er müsse erliegen. Was ihm in<br />

<strong>die</strong>sem Zustande <strong>die</strong> größte Qual bereitet, <strong>ist</strong> <strong>die</strong>s, daß ihm jede Verstärkung der Not<br />

<strong>die</strong> Folge eines Fehltritts zu sein scheint, den er begangen zu haben glaubt. Er meint,<br />

selbst zur Verschlimmerung seines Zustandes beigetragen zu haben.<br />

Allmählich gerät er in einen Zustand der Unempfindlichkeit. Er fangt an, sich an <strong>die</strong><br />

Not zu gewöhnen, von seiner Ohnmacht und Untauglichkeit überzeugt zu werden,<br />

und an sich selbst zu verzweifeln (Röm. 7, 18).<br />

Er <strong>ist</strong> sogar zufrieden, daß er all seiner empfangenen Gnaden beraubt wird, und es<br />

scheint, daß <strong>Gott</strong> ihm alles zu Recht abgenommen hat. Er gibt <strong>die</strong> Hoffnung auf, <strong>die</strong>se<br />

Gnaden jemals wieder zu besitzen.<br />

Wenn er einen anderen begnadeten Menschen erblickt, so verdoppelt das seine Not,<br />

und er fühlt sich in <strong>die</strong> Tiefe seines Nichts versenkt. Er möchte dem anderen<br />

nacheifern. Da aber seine Bestrebungen erfolglos sind, so bleibt ihm nichts anderes<br />

übrig, als nur sich in das Sterben und in <strong>die</strong> Mitkreuzigung hinzugeben. Jetzt könnte er<br />

mit der Schrift sprechen: „Was ich gefürchtet habe, <strong>ist</strong> über mich gekommen, und was<br />

ich besorgt habe, hat mich getroffen“. Was <strong>ist</strong> das, spricht er, <strong>Gott</strong> verlieren? Ihn<br />

verlieren für immer, ohne Hoffnung, ihn wiederzufinden? Der <strong>Liebe</strong> beraubt werden<br />

für Zeit und Ewigkeit! Den nicht mehr lieben zu können, der das Urbild aller<br />

<strong>Liebe</strong>nswürdigkeit <strong>ist</strong>! War es nicht genug, göttlicher Geliebter, daß du dein Geschöpf<br />

verstoßen hast, daß du dein Angesicht auf immer von ihm abgewandt hast?<br />

Muß ihm auch noch <strong>die</strong> <strong>Liebe</strong> genommen werden? Muß es auch noch verlieren, womit<br />

allein es noch lebte, und das für immer? ... Allerdings <strong>ist</strong> es nur eine Vorstellung des<br />

Menschen, daß er <strong>die</strong> <strong>Liebe</strong> verloren habe. Im Grunde hat er nie mächtiger und reiner<br />

geliebt als eben jetzt. Er hat nur <strong>die</strong> Lebhaftigkeit, nur <strong>die</strong> empfindbare Kraft der <strong>Liebe</strong><br />

verloren, nicht aber <strong>die</strong> <strong>Liebe</strong> selbst.<br />

0 nein! Vielmehr hat er nie inniger geliebt als gerade jetzt. Er kann es nur nicht<br />

glauben, der Ärmste. Und doch wäre es so leicht, es einzusehen. Denn das Herz kann<br />

nicht ex<strong>ist</strong>ieren ohne <strong>Liebe</strong>. Wenn er nun <strong>Gott</strong> nicht liebte, so müßte er etwas anderes<br />

lieben. Aber gerade davon <strong>ist</strong> er himmelweit entfernt. Es <strong>ist</strong> ihm unmöglich, an<br />

irgendetwas anderem einige Freude zu finden, es mag sein, was es wolle.<br />

Nicht, als ob seine Sinne sich nicht zu den Geschöpfen neigten! Ja, gerade das <strong>ist</strong> sein<br />

großes Leiden, weil er <strong>die</strong> Empörung der Leidenschaften und seine unwillkürlichen<br />

Vergehungen als schreckliche Schandflecke betrachtet, <strong>die</strong> ihm den Haß des göttlichen<br />

Bräutigams zuziehen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!