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Kretschmer (1888–1964) trat 1913 in die Tübinger Nervenklinik<br />
unter Gaupp ein. Sein vorliegen<strong>de</strong>s Buch – die<br />
Habilitationsarbeit bei Gaupp!! – führte <strong>de</strong>ssen Paranoia-Lehre<br />
fort, wur<strong>de</strong> aber heftig angegriffen (beson<strong>de</strong>rs<br />
von Kraepelin), weil es sich zu weit vom Biologischen<br />
entfernt habe. Kretschmer zog sich daraufhin von diesem<br />
Gebiet zurück und widmete sich <strong>de</strong>m Zeitgeist entsprechend<br />
auf „naturwissenschaftliche“ Arbeiten, zu <strong>de</strong>nen<br />
dann „Körperbau und Charakter“ (1921), „Medizinische<br />
Psychologie“ (1922) sowie „Hysterie, Reflex und Instinkt“<br />
(1923) gehörten, die begeisterte Zustimmung fan<strong>de</strong>n<br />
sam mit an<strong>de</strong>ren Forschern am Burghölzli durchgeführt<br />
mit <strong>de</strong>m Ziel, neue Zugänge zu verdrängtem unbewussten<br />
Material zu fin<strong>de</strong>n<br />
Kraepelin, Emil: Über die Einwirkung einiger medicamentöser<br />
Stoffe auf die Dauer einfacher psychischer<br />
Vorgänge. In: Philosophische Studien,<br />
hsg. von Wilhelm Wundt, Erster Band Leipzig, Engelmann,<br />
1883. 8°, OHLwd., goldgeprägter RTit.,<br />
marmor. Deckel, 2 Bl., 617 S.; sehr gutes Exemplar!<br />
€ 160,–<br />
frühe Arbeit von Kraepelin, <strong>de</strong>r schon als Gymnasiast von<br />
<strong>de</strong>n Arbeiten Wilhelm Wundts fasziniert war und gern<br />
bei ihm eine Stelle bekommen hätte, was sich aber nicht<br />
realisieren ließ. Statt<strong>de</strong>ssen trat er am 25.02.1882 die<br />
Stelle <strong>de</strong>s 1. Assistenzarztes bei Flechsig in <strong>de</strong>r kurz vor<br />
<strong>de</strong>r Eröffnung stehen<strong>de</strong>n neuen „Irrenklinik“ an. Da er<br />
offensichtlich ein größeres Interesse an <strong>de</strong>n experimentalpsychologischen<br />
Arbeiten (die er am Institut von Wundt<br />
machte!) als an <strong>de</strong>r Patientenversorgung hatte, erhielt<br />
er schon im Juni 1882 die Kündigung. Kraepelin reichte<br />
diese Arbeit (<strong>hier</strong> auf <strong>de</strong>n S. 417–462 und 573–605) und<br />
noch zwei weitere ein und wur<strong>de</strong> mit Hilfe von Erb gegen<br />
<strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rstand von Flechsig habilitiert, ohne eine eigene<br />
Habilitationsarbeit zu schreiben!<br />
Kretschmer, Ernst: Der sensitive Beziehungswahn.<br />
Ein Beitrag zur Paranoiafrage und zur psychiatrischen<br />
Charakterlehre Berlin Springer, 1918.<br />
17 × 25,5 cm, Originalbroschur, vord. Deckel mit<br />
kleinen Einrissen, Rücken am Kopf mit Einriss, alter<br />
Namenszug auf Deckel, unbeschnitten; 2 Bl., 166 S.,<br />
1 Bl. Verlagsanzeigen € 150,–<br />
EA. Im Originalzustand<br />
Kretschmer, Ernst: Der sensitive Beziehungswahn.<br />
Ein Beitrag zur Paranoiafrage und zur psychiatrischen<br />
Charakterlehre Berlin Springer, 1918.<br />
17 × 25,5 cm, zeitgenöss. Halbleinen, goldgeprägter<br />
Rückentitel, Namenszug auf Vorsatz (Blei), 2 Bl.,<br />
166 S., 1 Bl. Verlagsanzeigen € 200,–<br />
Lempp, Reinhart: Frühkindliche Hirnschädigung<br />
und Neurose. Die Be<strong>de</strong>utung eines frühkindlichen<br />
exogenen Psychosyndroms für die Entstehung kindlicher<br />
Neurosen und milieureaktiver Verhaltensstörungen.<br />
Mit einem Geleitwort von Heinrich Meng<br />
Bern und Stuttgart Huber, 1964. OLwd., OU., hebräisches<br />
Ex-Libris auf Vorbl., 149 S., 1 Bl. € 45,–<br />
Habilitationsarbeit in Tübingen. Lempp erörtert anhand<br />
<strong>de</strong>r Untersuchungsergebnisse von 505 Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen,<br />
wie Störungen im Eltern-Kind-Verhältnis und<br />
frühkindlich erworbene hirnorganische Störung in Wechselwirkung<br />
treten und Verhaltensstörungen verursachen<br />
Leuner, Hanscarl: Die experimentelle Psychose.<br />
Ihre Psychopharmakologie, Phänomenologie und<br />
Dynamik in Beziehung zur Person. Versuch einer<br />
konditional-genetischen und funktionalen Psychopathologie<br />
<strong>de</strong>r Psychose (Monographien aus <strong>de</strong>m<br />
Gesamtgebiete <strong>de</strong>r Neurologie und Psychiatrie,<br />
Heft 95). Berlin-Göttingen-Hei<strong>de</strong>lberg Springer<br />
1962. 25 × 16,5 cm, Originalkarton; X, 275 S., 20<br />
Abb. € 90,–<br />
Leuner (1919–1996) ist <strong>de</strong>r Begrün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Katathym-Imaginativen<br />
Psychotherapie. Mit ersten Experimenten zu<br />
Imaginationen und Visualisierungen begann er bereits in<br />
seiner Assistentenzeit an <strong>de</strong>r Nervenklinik Marburg (1948–<br />
1959). Er widmete sich auch <strong>de</strong>r psycholytischen Therapie,<br />
d.h. <strong>de</strong>r Intensivierung psychodynamischer Therapie durch<br />
Halluzinogene. Nach Abschluß seiner Facharztausbildung<br />
und vorwiegend psychotherapeutisch ausgerichteter Tätigkeit<br />
an <strong>de</strong>r psychiatrischen Universitätsklinik in Marburg/L.<br />
habilitierte er sich 1959 an <strong>de</strong>r Universität Göttingen.<br />
Seine Forschungen zur experimentellen Auslösung<br />
von psychotischen Zustandsbil<strong>de</strong>rn durch LSD-25 haben<br />
wichtige Anregungen gegeben zur Weiterentwicklung <strong>de</strong>r<br />
Theorien über die Entstehung von Schizophrenien.<br />
Neisser, Clemens: Über die Katatonie. Ein Beitrag<br />
zur klinischen Psychiatrie. Stuttgart, Enke, 1887.<br />
24,5 × 16,5 cm, späterer Halbleinenband mit goldgeprägtem<br />
Rückentitel; 3 Bl., 85 S., mit in <strong>de</strong>n Text<br />
gedruckten Holzschnitten und vier Tafeln; sehr sauber,<br />
sehr wenige Bleistiftanstreichungen € 83,–<br />
Inauguraldissertation an <strong>de</strong>r Universität Leipzig bei Prof.<br />
Dr. Flechsig. Neisser (1861–1940) war als Anstaltsarzt an<br />
<strong>de</strong>r Irrenanstalt Leubus tätig, wur<strong>de</strong> 1902 Direktor <strong>de</strong>r<br />
Anstalt in Lublinitz und 1904 <strong>de</strong>r in Bunzlau. „Er machte<br />
sich um die Psychiatrie sehr verdient (Bettbehandlung <strong>de</strong>r<br />
akuten Psychosen…). Er führte die Termini Perseveration,<br />
Residualwahn und Eigenbeziehung in die psychiatrische<br />
Literatur ein“ (Fischer II, 1104f.)<br />
16 Gemeinschaftskatalog <strong>de</strong>r Antiquare 2013