28.04.2014 Aufrufe

Abschlussbericht der Arbeitsgruppe SC der ...

Abschlussbericht der Arbeitsgruppe SC der ...

Abschlussbericht der Arbeitsgruppe SC der ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Abschlußbericht <strong>der</strong> <strong>Arbeitsgruppe</strong> <strong>SC</strong> <strong>der</strong> Verfassungsschutzbehörden 88<br />

Damit kann <strong>der</strong> Begriff "politisch" in § 4 Abs. 1 lit c BVerfSchG nur anhand des<br />

Regelungszusammenhangs des Gesetzes erklärt werden. Da nach § 1 Abs. 1<br />

BVerfSchG <strong>der</strong> Verfassungsschutz dem "Schutz <strong>der</strong> freiheitlichen demokratischen<br />

Grundordnung ..." dient, ist davon auszugehen, daß im Sinne des Gesetzes mit<br />

"politisch" nur solche Phänomene gekennzeichnet sein sollten, die den staatlichen<br />

Bereich, insbeson<strong>der</strong>e die Verfaßtheit und innere Verwaltung eines Staates sowie<br />

dessen Beziehung zu an<strong>der</strong>en Staaten betreffen 199 . In diesem Sinne wäre jedenfalls<br />

das Bemühen, gewisse Grundwerte und Grundregeln innerhalb eines Staates<br />

o<strong>der</strong> einer Gesellschaft als verbindlichen Standard zu etablieren, als "politisch" im<br />

Sinne des § 4 Abs. 1 lit c BVerfSchG anzusehen. Eine Notwendigkeit, den Begriff<br />

<strong>der</strong> Politik noch weiter einzugrenzen, ergibt sich we<strong>der</strong> aus dem Wortlaut noch<br />

aus dem Regelungszusammenhang des Gesetzes. Dies gilt vor allem auch insoweit,<br />

als den §§ 3 Abs. 1 Nr. 1 und 4 Abs. 1 lit c BVerfSchG kein Erfor<strong>der</strong>nis "tagespolitischer"<br />

Aktualität zu entnehmen ist. Vielmehr ist eine solche Voraussetzung<br />

im Hinblick auf die freiheitliche demokratische Grundordnung als Schutzgut<br />

des Gesetzes (§ 1 Abs. 1), welche ebenfalls nicht von tagespolitischen Aktualitäten<br />

abhängig ist, erkennbar nicht gegeben.<br />

2.2.2 Auch <strong>der</strong> Begriff "bestimmt" hat unterschiedliche Bedeutungsvarianten. So<br />

kann damit ein entschiedenes, festes, energisches, aus- und nachdrückliches<br />

Verhalten gemeint sein 200 . Dies ergibt jedoch im sprachlich-grammatikalischen<br />

Kontext des § 4 Abs 1 lit c BVerfSchG keinerlei Sinn.<br />

"Bestimmt" kann jedoch auch gleichbedeutend mit "festgelegt", "feststehend", "abgegrenzt",<br />

"speziell" etc. verstanden werden 201 . In diesem Sinne findet <strong>der</strong> Begriff<br />

in einer Vielzahl von Gesetzestexten Verwendung. So regelt § 10 des Verwaltungsverfahrensgesetzes<br />

(VwVfG), daß das Verwaltungsverfahren "an bestimmte<br />

Formen nicht gebun den" ist. § 35 Abs. 2 VwVfG definiert die Allgemeinverfügung<br />

als einen Verwaltungsakt, "<strong>der</strong> sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten<br />

o<strong>der</strong> bestimmbaren Personenkreis richtet ...". In diesem Sinne bedeutet<br />

<strong>der</strong> Begriff "bestimmt", daß das konkrete Phänomen bzw. Verhalten durch eindeutige<br />

Kriterien in seinem Wesensgehalt beschrieben und von an<strong>der</strong>en Phänomenen<br />

o<strong>der</strong> Verhaltensweisen abgegrenzt werden kann. Da weitere Bedeutungsvarianten,<br />

die in dem hier zu untersuchenden Sachzusammenhang relevant sein könnten,<br />

we<strong>der</strong> im allgemeinen noch im juristischen Sprachgebrauch erkennbar sind,<br />

kann <strong>der</strong> Begriff "bestimmt" in § 4 Abs. 1 lit c BVerfSchG ausschließlich in diesem<br />

Sinne verstanden werden.<br />

2.2.3 "Politisch bestimmte Verhaltensweisen" sind nach dem bisher Gesagten daher<br />

zunächst solche, die durch festgelegte bzw. feststehende Kriterien und Faktoren<br />

beschrieben und von an<strong>der</strong>en Verhaltensweisen abgegrenzt werden können.<br />

Dabei muß es sich um Kriterien aus dem gesellschafts- bzw. staatspolitischen Bereich<br />

handeln. Die politische Bestimmung einer Handlung kann sich hierbei sowohl<br />

aus <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Handlung selbst als auch aus sonstigen Elementen, so etwa aus<br />

dem Anlaß <strong>der</strong> Handlung, insbeson<strong>der</strong>e aber auch aus <strong>der</strong>en Zielsetzung ergeben.<br />

Eine insoweit nähere Eingrenzung ist we<strong>der</strong> dem Gesetzeswortlaut noch dem<br />

objektiven Sinn des Gesetzes zu entnehmen.<br />

2.2.3.1 Daher setzt § 4 Abs. 1 lit c BVerfSchG insbeson<strong>der</strong>e auch kein formalpolitisches<br />

Verhalten wie beispielsweise die Beteiligung an Wahlen o<strong>der</strong> propagandistische<br />

Aktivitäten im parlamentarischen o<strong>der</strong> außerparlamentarischen Wettstreit<br />

von Parteien o<strong>der</strong> Organisationen voraus. Diese Eingrenzung ist anhand des Gesetzes<br />

nicht begründbar, da eine Gleichsetzung <strong>der</strong> Begriffe "politisch" und "poli-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!