Affektregulation bei Bulimia Nervosa - Universität Osnabrück
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Umgekehrt scheint die Unzufriedenheit mit der Figur <strong>bei</strong> bulimischen Patientinnen in<br />
verstärktem Ausmaß ein niedrigeres Selbstwertgefühl zu bedingen im Vergleich zu<br />
gesunden Kontrollpersonen (Joiner, Schmidt & Wonderlich, 1997).<br />
Es besteht keine direkte Verbindung zwischen dem Selbstwertgefühl und gezügeltem<br />
oder unkontrolliertem Essverhalten. Diese wird vollständig vermittelt durch überhöhte<br />
Vorstellungen bezüglich der Wichtigkeit von Figur und Gewicht (Ross & Wade, 2004;<br />
Wade & Lowes, 2002).<br />
Perfektionistische Standards werden in Abhängigkeit von der Figur- und<br />
Gewichtsbesorgnis ebenfalls als wichtige Merkmale von Essstörungen diskutiert. Das<br />
kann ein verstärktes Streben nach Kontrolle hervorrufen. Aufgrund der immer wieder<br />
auftretenden Heißhungeranfälle erleben die Bulimikerinnen „ihren Körper als<br />
teilweise regierbar und kontrollierbar, was eine direkte Kränkung und eine starke<br />
Bedrohung des Selbstwerts mit sich bringt“ (Feistner, 1995, S.72). Die Patientinnen<br />
versuchen, die Gesamtkontrolle über den Körper zu erlangen, um doch noch perfekt<br />
zu werden. Perfektionistische Anstrengungen sind auch in nicht mit dem Essen<br />
verbundenen Lebensbereichen zu finden (Feistner, 1995).<br />
Hewitt, Flett und Edinger (1995) betrachten Perfektionismus als multidimensionales<br />
Konstrukt. Sie unterscheiden den „selbstorientierten Perfektionismus“, der einer<br />
selbst auferlegten Erwartung der Perfektion entspricht, den „auf andere orientierten<br />
Perfektionismus“, der anderen auferlegte Erwartungen der Perfektion <strong>bei</strong>nhaltet, und<br />
den „sozial vorgeschriebenen Perfektionismus“, der mit dem Erleben einhergeht,<br />
dass andere Personen perfektionistische Erwartungen an die Betroffenen<br />
herantragen.<br />
In einer Untersuchung konnten Hewitt et al. (1995) feststellen, dass soziale<br />
Dimensionen des Perfektionismus stark verbunden sind mit gestörtem Essverhalten,<br />
mit Sorgen über die eigene Erscheinung und mit dem Selbstwertgefühl. Der Glaube,<br />
anderen durch die Erfüllung der vermeintlichen Anforderungen zu gefallen, scheint<br />
da<strong>bei</strong> ausschlaggebend zu sein. Das starke Bedürfnis, sich vor anderen als perfekt<br />
zu präsentieren, steht in Zusammenhang mit der bulimischen Symptomatik und den<br />
Sorgen über die Reaktion auf die eigene Erscheinung. Eine Verbindung zwischen<br />
der perfektionistischen Selbstpräsentation und geringem Selbstwertgefühl konnte<br />
ebenfalls gefunden werden.