Affektregulation bei Bulimia Nervosa - Universität Osnabrück
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Wardetzki (1991) geht davon aus, dass der bulimischen Essstörung eine<br />
narzisstische Störung zugrunde liegt, die eine Beeinträchtigung des Selbsterlebens,<br />
des Selbstwertgefühls bzw. der Selbstliebe darstellt. Sie beschreibt, dass eine<br />
narzisstische Spaltung, ausgehend vom Konzept der horizontalen und vertikalen<br />
Spaltung (Kohut), zum Herausbilden einer <strong>Bulimia</strong> <strong>Nervosa</strong> <strong>bei</strong>trägt. Die Spaltung als<br />
Abwehrmechanismus vollzieht sich als Folge mangelhaft erfüllter kindlicher Wünsche<br />
und Bedürfnisse in den ersten 18 Lebensmonaten. Die Gefühle, die diese Wünsche<br />
begleiten, umfassen Kränkung und Wut wegen der Unerfüllbarkeit dieser Ansprüche,<br />
aber auch Leere, Panik und Hohlheit, was mit dem Erleben von Nichtigkeit,<br />
Schwäche und Zerfall verbunden sein kann.<br />
Bei bulimischen Patientinnen werden häufig Gefühle wie Wut und Schmerz, aber<br />
auch Lust, abgespalten und sind so nur schwer zugänglich. Die unterdrückten<br />
Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse etablieren sich im „wahren“ Selbsterleben.<br />
Statt des „wahren“ Selbst wird ein „falsches“ Selbst gelebt, das durch ein Pendeln<br />
zwischen Grandiosität und Minderwertigkeit, verbunden mit Depression,<br />
gekennzeichnet ist.<br />
In Momenten von Einsamkeit werden die Sehnsucht nach Menschen und das<br />
Bedürfnis nach Nähe besonders stark empfunden. Mittels Essen und Erbrechen<br />
werden diese unangenehmen Gefühlszustände reguliert. Aufgrund fehlender<br />
Fähigkeiten zur Selbsttröstung stehen keine adäquaten Alternativen zur Verfügung.<br />
Indem die Patientinnen der verachtenswerten Lust nach- und sich dem Essen<br />
hingeben, fühlen sie sich in ihren Minderwertigkeitsgefühlen bestätigt. Durch das<br />
Erbrechen erfolgen eine Bestrafung und eine Wiederherstellung des Ideals.<br />
Die Ess-Brech-Sucht scheint das oberflächliche Symptom einer zugrunde liegenden<br />
Selbstwert- und Beziehungsstörung zu sein (Wardetzki, 1991).