Affektregulation bei Bulimia Nervosa - UniversitÃ¤t OsnabrÃ¼ck

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26 Abb. 1: Integriertes Entstehungsmodell der Bulimie nach Reich (1995, modifiziert) biogenetisch (Risiko für affektive Störung) familiär offene Konflikte Ideal der Stärke, Leistungsund Außenorientierung soziokulturell Rollenkonflikte Schlankheitsideal Persönlichkeitsstruktur Identitätskonflikte Intimitätswünsche Stimmungsschwankungen Impulsivität soziale Unsicherheit Angst vor: Kontrollverlust Überwältigung Beschämung Entwertung Phantasie des "defekten Selbst" Ich-Ideal: Leistung/ Autonomie/ Kontrolle/ Stärke affektive Instabilität Zurückweisungen Versagen (sangst) starke Affekte Trennung/ Verlust Affekt- und Konfliktabwehr Verleugnung, Identifizierung m.d. Aggressor, Verkehrung ins Gegenteil, Affektblockierung Verschiebung auf Körper/ Aussehen Streben nach Schlankheit (= Kontrolle/Aktivität = Stärke/Leistung = soziales Ansehen) (Essen = Regression, Kontrollverlust, Schwäche, Beschämung) Dysfunktionales Essverhalten Diätversuche Völlegefühl Angst vor Kontrollverlust Angst vor Entdeckung Scham, Schuld, Ekel Essanfall Regression (bei Autonomie) Spannungsregulierung/Zuwendung erotisierte/ aggressive/ autoaggressive Handlung kognitive Einengung/ Diffusion Affektblockierung Fasten/ Erbrechen Kontrolle Reinigung/ Ungeschehenmachen erotisierte/ aggressive/ autoagressive Handlung Spannungsregulierung
27 Wardetzki (1991) geht davon aus, dass der bulimischen Essstörung eine narzisstische Störung zugrunde liegt, die eine Beeinträchtigung des Selbsterlebens, des Selbstwertgefühls bzw. der Selbstliebe darstellt. Sie beschreibt, dass eine narzisstische Spaltung, ausgehend vom Konzept der horizontalen und vertikalen Spaltung (Kohut), zum Herausbilden einer Bulimia Nervosa beiträgt. Die Spaltung als Abwehrmechanismus vollzieht sich als Folge mangelhaft erfüllter kindlicher Wünsche und Bedürfnisse in den ersten 18 Lebensmonaten. Die Gefühle, die diese Wünsche begleiten, umfassen Kränkung und Wut wegen der Unerfüllbarkeit dieser Ansprüche, aber auch Leere, Panik und Hohlheit, was mit dem Erleben von Nichtigkeit, Schwäche und Zerfall verbunden sein kann. Bei bulimischen Patientinnen werden häufig Gefühle wie Wut und Schmerz, aber auch Lust, abgespalten und sind so nur schwer zugänglich. Die unterdrückten Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse etablieren sich im „wahren“ Selbsterleben. Statt des „wahren“ Selbst wird ein „falsches“ Selbst gelebt, das durch ein Pendeln zwischen Grandiosität und Minderwertigkeit, verbunden mit Depression, gekennzeichnet ist. In Momenten von Einsamkeit werden die Sehnsucht nach Menschen und das Bedürfnis nach Nähe besonders stark empfunden. Mittels Essen und Erbrechen werden diese unangenehmen Gefühlszustände reguliert. Aufgrund fehlender Fähigkeiten zur Selbsttröstung stehen keine adäquaten Alternativen zur Verfügung. Indem die Patientinnen der verachtenswerten Lust nach- und sich dem Essen hingeben, fühlen sie sich in ihren Minderwertigkeitsgefühlen bestätigt. Durch das Erbrechen erfolgen eine Bestrafung und eine Wiederherstellung des Ideals. Die Ess-Brech-Sucht scheint das oberflächliche Symptom einer zugrunde liegenden Selbstwert- und Beziehungsstörung zu sein (Wardetzki, 1991).
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