Stefan Karasek - Arbeitskreis Quartiersforschung
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den Vorteil, dass die interviewten Personen bereits unbefangener waren und nicht mehr unter<br />
unmittelbarem Erfolgsdruck standen. So konnten sie bereits aus einer gewissen Distanz heraus<br />
erzählen.<br />
Der Nachteil lag im Zeitdruck für mich als interviewende Person darin, nach Ende des<br />
Grätzelmanagements auch nicht zu viel Zeit verstreichen zu lassen, um das Gedächtnis der<br />
Befragten nicht zu sehr zu strapazieren. Dieser Umstand führte dazu, weniger Zeit in die Beund<br />
Überarbeitung der Interviewleitfäden zu investieren als vielleicht notwendig gewesen<br />
wäre. Bei retrospektiver Aufarbeitung, wie sie bei den Interviews über vergangene Ereignisse<br />
erfolgt, kommt außerdem das Problem der Verklärung der Vergangenheit hinzu. Dazu habe ich<br />
grundsätzlich versucht mit Meinungen und Urteilen oder Empfehlungen besonders vorsichtig<br />
umzugehen.<br />
Die Experteninterviews ermöglichten eine rasche und bei den Befragten allgemein akzeptierte<br />
Erhebungsmethode. Die Möglichkeiten dieser Form der Erhebung erwiesen sich jedoch als<br />
beschränkt. Die Interviews verliefen teilweise auf allgemeiner Ebene, bei der die interviewten<br />
Personen die Aktivitäten und Prozesse relativ abstrakt erläuterten. Es brauchte in jedem<br />
Interview eine Zeit, bis die Reflexionsebene sozialer Beziehungen erreicht wurde bzw. war die<br />
Erinnerung der interviewten Personen an inhaltliche Aspekte wie Ereignisse und Projekte<br />
besser als die Erinnerung an einzelne Kooperationspartner oder die Beschreibung sozialer<br />
Beziehungen. Die Erzählung von Anekdoten oder anderen Details fiel oft dem beschränkten<br />
Zeitrahmen zum Opfer. Eine Alternative wäre gewesen, nach einer ersten Interviewphase mit<br />
allen Interviewpartnern auf einer allgemeinen Ebene eine zweite Phase von Interviews mit den<br />
selben Personen durchzuführen. Die ersten Interviews werden ausgewertet und vertiefende<br />
Fragen werden aus dem Material abgeleitet. Dieser Zwischenstand der Erkenntnis kann sodann<br />
eingesetzt werden, um weitere Details oder Teilaspekte in der zweiten Interviewphase<br />
abzufragen. Dieser erhebliche Zusatzaufwand wäre im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht zu<br />
leisten gewesen.<br />
Aspekte der Forschungsfrage, wie die Vermittlung und die Aushandlung zwischen Positionen<br />
und Interessen sind mit einer Methode wie dem Interview, bei dem diese Prozesse<br />
rückblickend rekonstruiert werden sollen problematisch. Die Beurteilung einer<br />
Vermittlungsleistung, bei der das Verstehen des empfangenden Kommunikationspartners<br />
erkannt werden soll, verlangt von der interviewten Person eine unmögliche Konstruktion und<br />
Interpretation. Hierfür ist eine ergänzende Erhebung durch teilnehmende Beobachtung<br />
sinnvoll, die während <strong>Arbeitskreis</strong>en und den Grätzelbeiräten stattfinden muss.<br />
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