Förderdiagnostik (§ 2 der VOLRR) § 2 – Förderdiagnostik (1) Die Feststellung der besonderen Schwierigkeiten beim <strong>Lese</strong>n, Rechtschreiben <strong>und</strong> Rechnen gehört zu den Aufgaben der Schule. Voraussetzung für das Erkennen dieser Lernschwierigkeiten ist die Erhebung der Lernausgangslage, insbesondere in der Jahrgangsstufe 1. Dieses geschieht unter anderem durch die Beobachtung des sprachlichen, kognitiven, emotional-sozialen <strong>und</strong> motorischen Entwicklungsstandes <strong>und</strong> der Lernmotivation. Auch die Fähigkeiten der optischen <strong>und</strong> akustischen Wahrnehmung <strong>und</strong> Differenzierung, das Symbolverständnis <strong>und</strong> die fein motorischen Fertigkeiten sowie das individuelle Lernverhalten <strong>und</strong> -tempo der <strong>Schülerinnen</strong> <strong>und</strong> Schüler werden bei der Einschätzung der Lernausgangslage berücksichtigt. Der Unterricht muss sich dabei an den unterschiedlichen Lernvoraussetzungen wie zum Beispiel den Sprach- <strong>und</strong> Sprechfähigkeiten, auch bezogen auf einen eventuellen Migrationshintergr<strong>und</strong>, orientieren. Diese Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten sind sys tematisch weiter zu entwickeln. (2) Im Einzelfall haben die Lehrkräfte die Möglichkeit der unterstützenden Beratung zum Beispiel durch Schulpsychologen oder andere in der <strong>Lese</strong>-, Rechtschreib- oder Rechendiagnostik ausgebildete Lehrkräfte wie zum Beispiel des sonderpädagogischen Beratungs- <strong>und</strong> Förderzentrums. Wenn konkrete Hinweise organische Ursachen vermuten lassen, sind die Eltern auf die Schulärztin oder den Schularzt hinzuweisen oder fachärztliche Untersuchungen zu empfehlen. (3) Die Eltern sind über die besonderen Schwierigkeiten ihres Kindes im Bereich des <strong>Lese</strong>ns, Rechtschreibens oder Rechnens <strong>und</strong> über den individuellen Förderplan zu informieren <strong>und</strong> zu beraten. Sie werden in die Planung pädagogischer Maßnahmen durch Anhörung einbezogen. Durch die Klassenlehrerin, den Klassenlehrer oder die Fachlehrkraft erhalten sie Informationen über die jeweils angewandte <strong>Lese</strong>-, Rechtschreib- oder Rechenmethode. Auf besondere Lehr- <strong>und</strong> Lern<strong>mit</strong>tel, häusliche Unterstützungsmöglichkeiten, geeignete Fördermaterialien <strong>und</strong> Motivationshilfen ist hinzuweisen. Barbara Kluge »Kein Kind verlieren« – Frühzeitiges Erkennen <strong>von</strong> Verzögerungen oder Rückständen zur Vermeidung <strong>von</strong> langanhaltenden Schwierigkeiten »Kein Kind verlieren« ist Sinn allen Schulunterrichts <strong>und</strong> aller <strong>Förderung</strong>. Dabei kommt für das Erreichen dieser Maxime den ersten Monaten, in denen ein Kind seine schulische Lernlaufbahn beginnt, entscheidende Bedeutung zu. Gelingen oder Scheitern der späteren (Recht-) Schreibkarrieren beginnt in diesen ersten Monaten. Untersuchungen in der Schriftspracherwerbsforschung der letzten 30 Jahre 2 belegen, dass jedes Kind beim Erlernen der Schrift Prozesse durchläuft, die zumindest in den entscheidenden Phasen bei allen Kindern vergleichbar sind. Diese Untersuchungen belegen aber auch, dass die Erfahrungen, die Schulanfänger in Bezug auf Schrift <strong>mit</strong>bringen, bis zu drei oder sogar vier Jahren differieren <strong>und</strong> in den Entwicklungsphasen weit auseinanderliegen können. D. h. Kinder brauchen in den ersten beiden Schuljahren unterschiedlich viel Zeit, unterschiedliche Arbeitserkenntnisse <strong>und</strong> Arbeitsangebote <strong>und</strong>, unterschiedlich viel Geduld ihrer Lehrer, die ihnen das ihnen zustehende Maß geben müssen für die Erprobung ihrer Zugriffsweisen <strong>und</strong> -möglichkeiten im handelnden Umgang <strong>mit</strong> der Schrift. Auch die Verweildauer, die Kinder in den jeweiligen Entwicklungsprozessen benötigen, ist nachweislich sehr unterschiedlich. Kinder, die im Laufe ihrer Schulzeit als Kinder <strong>mit</strong> Schwierigkeiten beim Schreiben <strong>und</strong> <strong>Lese</strong>n eingestuft werden, zeigen, dass ihre Leistungen denen <strong>von</strong> Kindern auf den unteren Ebenen der Schreibentwicklung ähneln, <strong>und</strong> sie möglicherweise eine deutlich längere Verweil- <strong>und</strong> Übungsdauer auf den zurückliegenden Entwicklungsstufen benötigt hätten. Erst dann wären sie bereit gewesen für die nächsten Herausforderungen. Erwartet werden muss deshalb, dass jeder Lehrende, der Anfangsunterricht verantwortet, zum einen <strong>mit</strong> den Entwicklungsmodellen <strong>und</strong> der Abfolge der erwartbaren Lernschritte vertraut ist <strong>und</strong> zum anderen sich dessen klar sein <strong>und</strong> es akzeptieren muss, dass Kinder diese Lernschritte unzeitgleich erreichen werden. Wo dieses Wissen <strong>und</strong> diese Haltung bei Lehrern vorhanden sind, können viele Störungen durch fehlende oder falsche Passung des Unterrichtsangebots in der je individuellen Schreibentwicklung <strong>von</strong> Kindern vermieden werden. Die Annäherung an den Lerngegenstand Schriftsprache wird, was den da<strong>mit</strong> verb<strong>und</strong>enen Schwierigkeitsgrad 2 Leicht zugänglich in: ABC <strong>und</strong> Schriftsprache: Rätsel für Kinder, Lehrer <strong>und</strong> Forscher, hg. <strong>von</strong> Hans Brügelmann. Konstanz: Faude, 1986. ( =1. Jahrbuch der DGLS) 11
Schreib mal … Name Lernbeobachtung Schreiben (November) Kopiervorlage Schreib mal … Name Lernbeobachtung Schreiben (Januar/Mai) Kopiervorlage 12